Sperrklausel: Kleinere Fraktionen laufen Sturm

Von der Initiative auf Landesebene halten Velberter Gruppierungen nichts. Der Bürgermeister ist unschlüssig.

Foto: Stefan Fries

Diskutiert worden ist die Sache schon häufiger, jetzt könnte sich tatsächlich etwas ändern: SPD, Grüne und CDU im Landtag wollen für die kommunale Ebene wieder eine Sperrklausel einführen. Erst ab drei Prozent sollen Gruppierungen und Parteien in die Stadt- und Gemeinderäte einziehen. Was sagen Vertreter der kleineren Gruppierungen, von denen es in Velbert bekanntlich eine ganze Reihe gibt? Wie findet das der Bürgermeister? Die WZ hörte sich um.

„Wir können durchaus nachvollziehen, dass viele glauben, eine Sperrklausel haben zu müssen“, sagt Cem Demircan von der Fraktion Soziales Neues Velbert, die aus einem Zusammenschluss zweier kleiner Wählergemeinschaften entstanden ist. „Aber“, schränkt er ein, „was für ein Demokratieverständnis haben wir denn?“ Auch mit einer Sperrklausel seien schließlich zehn Gruppierungen möglich. „Natürlich, der Aufwand ist höher. Wir brauchen mehr Respekt und Geduld für alle. Auch wenn mal eine Sitzung eine halbe Stunde länger geht.“ Generell ärgert er sich darüber, dass längst nicht alle Informationen seine Fraktion erreichen.

„Grundsätzlich dagegen“ ist Jörg Weisse, Vorsitzender des FDP-Stadtverbandes. „Man unterschlägt doch bis zu einem Drittel der abgegebenen Stimmen. Die würden doch dann nicht mehr berücksichtigt.“ Gerade angesichts von Politikverdrossenheit und geringer Wahlbeteiligung sei dies doch das falsche Zeichen. Das Argument einer „stabilen Mehrheit“ sei keins. Bei den Gewählten handele es sich um Bürger, die für ihre Stadt etwas tun wollten. Und die seien etwas freier, als die Kollegen in den größeren Fraktionen.

Jörg Weisse, FDP-Stadt-Chef

Nichts übrig für die Idee einer Sperrklausel hat auch Harry Gohr, Fraktions-Chef der Linken: „Ich halte da gar nichts von.“ Auch er moniert das Demokratieverständnis. „Wenn die Etablierten sich einrichten, fehlt doch die Transparenz.“ Beim jetzigen Status finde ein vernünftiger Austausch statt, ohne dass eine Sitzung bis Mitternacht geht. Und eines sei Aufgabe aller Demokraten: „Dafür zu sorgen, dass keine Faschisten in die Räte kommen.“

Hin und hergerissen ist Bürgermeister Dirk Lukrafka: „Einerseits würde es die Ratsarbeit erleichtern, auf der anderen Seite würden viele Wählerstimmen nicht berücksichtigt.“ Das parteilose Stadtoberhaupt ist da durchaus unschlüssig.