Gemeinsames Singen führt zur Liebeserklärung auf Bengali
In die Kulturkirche hatte der Chor Young Voices Bewohner aus den Flüchtlingsunterkünften eingeladen.
Wülfrath. Der Chor Young Voices hatte zum offenen Singen mit Freunden aus den Flüchtlingsunterkünften in die Kulturkirche geladen. Die Prima-Sopranistin Kerstin Koenig erklärte zu Beginn das Improvisieren zum Prinzip: „Ich denke, es muss alles erst anlaufen. Wir müssen gucken, wie wir die jungen Menschen mit uns zusammenbringen können.“
Zügig gewann das Projekt an Struktur. Es bildeten sich zwei konzentrische Stuhlkreise, in deren Mitte sich ganz unverhofft Chorleiter Stephan Lux wiederfand. Die Übersetzung für die drei fremdsprachigen Gäste ins Englische übernahm die in den vergangenen Monaten darin vielfach geforderte Vorsitzende der INGA Annemarie Lüderitz. Mitglieder des Flüchtlingshilfevereins haben über Jahre Weihnachtsliedersingen in den Unterkünften organisiert. Nun steht mit der Kulturkirche ein Ort zur Verfügung, an dem Alt- und Neu-Wülfrather noch besser zusammenfinden und musizieren können.
Lux erzählte weiter von seiner eindrücklichsten Erfahrung mit der Weltmusik, als ihm in nächtelangen Sessions ein Nachtwächter auf Bali indonesische Lieder auf einem Bambus-Xylophon beigebracht hat. Diese Melodien hat er immer noch drauf und brachte sie zum Beweis auf seinem Piano zu Gehör. Darauf bat Lux die jungen Asylbewerber, doch von ihren Musikkulturen zu berichten. Sadaf aus Bangladesch machte den Anfang: „Wir verstehen sehr gut, wie wichtig Kenntnisse über die Musik der verschiedenen Kulturen sind.“ Er konnte erläutern, dass es in seiner Heimat eine überaus umfangreiche klassische Liedtradition gibt. Raad aus dem Irak beschrieb, wie in der jesidischen Musik gleichermaßen Lieder mit kurdischen und arabischen Texten nebeneinander existieren.
Zum musischen Eisbrechen stimmte Lux den Taizé-Kanon „Da Pacem Cordium“ an, der wie aus dem Nichts heraus auch gleich funktionierte. Begleitet wurden die vierzig Sänger von Kantor Thomas Gerhold auf der Gitarre und Musikfreund Ingo Wünsch auf der Mandoline. Einige mitgebrachte Rhythmusinstrumente wurden zudem, wenn auch verhalten, eingesetzt. Sadaf sang spontan eine Volksweise aus Bangladesch, in der sich langsame und schnelle Passagen abwechselten. Seine wundervolle Stimme, zu der Gerhold einen flotten Basslauf improvisierte, beklatschten die Young Voices voller Begeisterung. Der Text behandle das ewige Spiel der Liebe, erklärte Sadaf. Er lehrte seinen Mitmusikanten, dass „Ich liebe Dich.“ auf Bengali „Ami tomaya bhalobasi.“ heißt. Das harmonische Wort „bhalobasi“ gefiel Gerhold so gut, dass er es in alle nun folgenden Lieder einbaute. Auch Lux zeigte sich baff: „Es ist ein großes Geschenk, plötzlich jemanden unter uns zu haben, der so großartige Sachen singt.“
Für einen starken Kontrast bot der Chor das plattdeutsche „Dat Du min Leevsten büst“ auf; untermalt von romantischem Mandolinenspiel. Zur besonderen Freude einiger Kinder folgte eine mehrsprachige Version von „Bruder Jakob“.
Dann nahm auch der Nigerianer Joseph sein Herz in die Hand und sang mit bluesrauer Stimme zwei Lieder aus seiner Heimat. Sie klangen noch auf dem Heimweg nach.