Ratingen: CDU beschwört die Einigkeit

Analyse: Trotz des klaren Votums für den Spitzenkandidaten brodelt es unter der Oberfläche weiter.

Ratingen. Es war nicht irgendeine Parteizusammenkunft, es war eine richtige Inszenierung. Der CDU-Stadtverband hat für seine Mitgliederversammlung am Mittwochabend im kleinen Saal der Stadthalle nichts dem Zufall überlassen: Eine Bühne für den Vorstand, üppiger Blumenschmuck, Leinwandprojektion der einzelnen Tagesordnungspunkte und eine Fernsehjournalistin als Gastmoderatorin, die dem Ganzen den Hauch von großer Show verleihen sollte.

In der Tat: An diesem Abend sollte nicht nur der neue Hoffnungsträger der Ratinger CDU, der 42-jährige Stephan Santelmann, zum Bürgermeisterkandidaten gekürt werden, man wollte auch nach außen das neue Selbstbewusstsein zeigen.

Das Interesse an der Versammlung war enorm: Die Plätze im kleinen Saal reichten nicht aus, es mussten noch Stühle geholt werden - rund 160 Mitglieder waren gekommen, 140 waren stimmberechtigt. Und die gaben ein klares Votum für Santelmann ab: 125 Ja-Stimmen bedeuten eine Zustimmung von über 90 Prozent.

Elf Mitglieder votierten gegen den Kandidaten, vier enthielten sich. Dass der Politologe, der zurzeit noch das Kölner Sozialamt leitet, bei den Mitglieder hohe Sympathiewerte bekommt, war überall zu spüren. Mit Wohlwollen folgte man seinen eher nüchternen Ausführungen. "Wirklich mitreißend war das noch nicht, aber das kann er noch lernen. Im Sozialamt hat man ja eher weniger Wahlkampf", bemerkte ein Parteimitglied.

Santelmann setzte dafür programmatische Akzente: Die Entschuldung der Stadt sei ein vorrangiges Ziel, ebenso der Ausbau und die Modernisierung der Sportanlagen in den Stadtteilen. Seine Ausführungen zum Rathaus ließen aufhorchen: Das gehöre in die Innenstadt. Das Thema will er mit der Fraktion noch besprechen, wobei eine Sanierung kein Tabu sein dürfe. Sein Fazit: "Ratingen kann mehr."

Vor Santelmanns Rede und Wahl lobte Stadtverbandsvorsitzender Rolf Steuwe den Kandidaten als "Profi mit Herz": Er sei ein "Glücksfall für die Union und die ganze Stadt." Der Abend sei der "Startschuss für eine neue Union" , beschwor er die Mitglieder. Die Botschaft hörte man wohl, aber manchem fehlte der Glaube.

Das schien auch der CDU-Kreisvorsitzende Wilhelm Droste zu spüren, der statt einem - wie angekündigt - kurzen Grußwort eine längere Grundsatzrede hielt. Immer wieder appellierte er an die Einheit und Geschlossenheit der Partei, wohl wissend, dass es gerade darum nicht allzu gut bestellt ist.

Die Niederlage bei der letzten Kommunalwahl nannte er "eine der bittersten Stunden für die Ratinger CDU", verkündete, dass "die Union sich rundherum erneuert" habe. "Wenn wir eine Chance haben wollen, müssen wir dem Namen Union wieder Ehre machen" forderte er und bat: "Lassen sie den Kandidaten nicht allein."

Wie lange die Partei von dieser Aufbruchstimmung getragen wird, bleibt die große Frage. Auf vielen Gesichtern machte sich Skepsis breit, als sie die Appelle an Einigkeit und Geschlossenheit und das Wort von der Erneuerung hörten. Mancher hatte den Verlauf der Mitgliederversammlung der West-CDU vom Vorabend im Kopf.