Ratingen: Dieter Nuhr ist ein Selbstläufer

Ohne jede Werbung war die Vorstellung von Dieter Nuhrs neuem Programm ausverkauft. Zu Recht.

Ratingen. Woran bemisst sich, ob ein Künstler erfolgreich ist? Daran, dass die Halle, in der er auftritt, ausverkauft ist? Beim Gastspiel am Freitagabend spielte Dieter Nuhr vor restlos ausverkauftem Haus. Aber es hätte nicht allein kein weiterer Stuhl Platz gefunden - die Veranstaltung kam dem Vernehmen nach ohne jede Art von Plakatierung aus.

"Ja, wir haben im Dezember auf die Homepage vom Nuhr geguckt und uns direkt Karten gesichert", erklärten Heidemarie und Jürgen Klemm aus Wuppertal. Und weil laut Eigenaussage "Unternehmungen wie diese in der Gruppe ja viel mehr Spaß machen", haben sie gleich noch die Freunde Gunther und Gisela Weckmann mitgenommen.

Der Auftritt, vom Künstler unter dem Titel "Nuhr die Ruhe" gestaltet, war "superklasse", schwärmte Petra Franken anschließend. "Wie großartig der Anspielungen macht", gefiel der Hildenerin besonders gut. Andere schwärmten von den "punktgenauen Treffern", den "witzigen Ideen" oder sprachen einfach die universelle Lobhudelei aus: "Der kann’s einfach!"

Tatsächlich weiß der Mann, der in diesem Herbst 50 wird und einstmals auf Lehramt studierte, mit seinen philosophischen Einlassungen zu Gott und der Welt zu gefallen. Dabei, so bleibt zum Gesamtprogramm zu konstatieren, war an diesem Abend wieder für jeden etwas dabei. Von den Gefahren des Lebens (Gen-Technik, Rinderwahn und die Schweinegrippe, die zur Vogelgrippe mutiert) war die Rede, von Sicherheitsbestrebungen ("einen Helm sollte man eigentlich schon im Stehen tragen") und Nacktscannern. Wieso, fragte Dieter Nuhr, sollten ausgerechnet am Flughafen solche Geräte stehen. "Da bin ich nur selten. Aber beim Bäcker oder Metzger, da bin ich oft", schlug er ironisch neue Platzierungen vor.

Die Lacher hatte er bei allen Themen auf seiner Seite. Keiner pirscht sich so freundlich an den heißen Brei heran, erzählt so strukturiert und löst dann so überraschend mit der Pointe auf. Dabei ist er gar nicht so nett, wie es beim ersten Hinhören scheint. Wer über das, was er sagt, mal nachdenkt, stellt fest, wie herrlich böse und sarkastisch er ist.

Aber eine Nuhr-Veranstaltung besteht nicht nur daraus, dem Meister bei der Arbeit zuzuhören. Die zwanzigminütige Pause beispielsweise dient auch dazu, Devotionalien an den Mann zu bringen. "Hast Du schon die T-Shirts gesehen?", fragte Brigitte Wendler mit Zucker auf der Stimme ihren Ehemann Rolf. Der zückte das Portemonnaie und in der zweiten Programmhälfte saß Brigitte dann schon im ultravioletten Shirt mit der Aufschrift "Nuhr die Ruhe" im Publikum.

Und dem versonnenen Lächeln nach zu urteilen, war der Spaß mit einem solchen Textil bekleidet gleich doppelt so groß. Und um die Eingangsfrage zu beantworten: Die richtige Mischung macht den Erfolg. Und bei Dieter Nuhr stimmt sie ganz eindeutig.