Ratingen: Ein Gefängnis der Superlative

Justizvollzug: Der Neubau an Ratingens Südgrenze wächst: Auf 125000 Quadratmetern sollen bis zu 850 Häftlinge einsitzen.

Ratingen. Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter hat am Mittwoch den Grundstein für die neue Justizvollzugsanstalt (JVA) Düsseldorf an der Oberhausener Straße gelegt. In zwei Jahren sollen die Insassen aus dem alten Düsseldorfer Knast Ulmer Höh’ in die neue JVA umquartiert werden. Das Projekt an der Stadtgrenze zu Düsseldorf ist das größte Bauvorhaben im nordrhein-westfälischen Justizvollzug seit 50Jahren.

Auf dem halben Kilometer langen Fußweg auf dem riesigen Baugelände zur Grundsteinlegung mussten die Gäste direkt am Fuße der 5,50 Meter hohen Gefängnismauer und einem provisorischen Bauzaun hergehen - Knastatmosphäre. Die Mauer grenzt das 125000 Quadratmeter große Areal schon seit langem ein - bevor die acht großen Baukräne aufgestellt und die Mauern der ersten Gebäude hochgezogen waren. "Die Mauer schützt jetzt die Baustelle vor unbefugtem Zutritt", meinte Markus Vieth, Leiter der Niederlassung Münster des Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB) NRW, der die JVA im Auftrag des Justizministeriums für 180 Millionen Euro baut.

Beim ersten Spatenstich vor anderthalb Jahren hatte sich Ratingens Bürgermeister Harald Birkenkamp noch reserviert zu dem Neubau geäußert. "Es ist kein Geheimnis, dass wir uns in Ratingen nicht gerade darum beworben hatten, JVA-Standort zu werden." Erster stellvertretender Bürgermeister David Lüngen forderte am Mittwoch größtmögliche Transparenz während der Bauphase und danach. Lüngen: "Damit die vor den Mauern wissen, was hinter den Mauern passiert."

Die neue JVA sei nur ein Bauvorhaben von vielen in NRW, um der stiefmütterlichen Behandlung des Vollzugs ein Ende zu setzen, sagte Justizministerin Müller-Piepenkötter. Neue Konzepte und neue Bauvorhaben seien in den vergangenen fünf Jahren vorangetrieben worden. Die Landesregierung habe mehr als 500Millionen Euro für Bauvorhaben im Justizvollzug in die Hand genommen.

Geplant ist der Neubau der JVA als Ersatz für die Ulmer Höh’ sowie die kleinen Anstalten in Duisburg-Mitte und Oberhausen-Mitte. Diese Anstalten platzen aus allen Nähten und sind baulich in einem schlechten Zustand. Die 850 Häftlinge, die einmal auf Ratinger Stadtgebiet einsitzen, werden überwiegend in Einzelzellen untergebracht, die mit zehneinhalb Quadratmetern größer sind als im ehemaligen Zuchthaus Ulmer Höh’. Fünf Zellen werden barrierefrei ausgestattet. Bernhard Lorenz, Leiter der JVA Düsseldorf, dankte der Ministerin für den Neubau: "Ohne Sie würde es immer noch Menschen geben, die auch in den nächsten 100Jahren an der Ulmer Höh’ als Denkmal festgehalten hätten", sagte Lorenz.

Auf rund 26000 Quadratmeter Hauptnutzfläche der neuen JVA wird auch für die Freitzeitgestaltung ausreichend Platz zur Verfügung stehen. Ein Fußballfeld mit Kunstrasen, eine unterteilbare Sporthalle, ein Freizeitzentrum mit einem großen Raum für kulturelle Veranstaltungen, eine Kapelle und ein multireligiöser Raum entstehen in der JVA. Darüber hinaus werden auf 5000Quadratmetern Arbeitsplätze in Werkstätten entstehen. Für Besucher wird es neben einem großen Besucherraum auch unterschiedliche Räume für kleine Gruppen geben.

Den Zauneidechsen, die einst auf dem Gelände gelebt und an den Silbersee umgesiedelt wurden, geht es laut Ferdinand Tiggemann, Geschäftsführer des BLB NRW, gut. "Die Tiere haben sich kräftig vermehrt."