Gemeinde lädt zum Pfarrer-Casting

Mit einer Probepredigt müssen sich Bewerber bei der evangelischen Kirchengemeinde Lobberich-Hinsbeck beweisen.

Foto: Busch

Lobberich/Hinsbeck. Der Eine geht, der Neue kommt: So einfach funktioniert das in der Praxis nicht, wenn eine Kirchengemeinde eine Nachfolge für ihren scheidenden Pfarrer sucht. Wie und ob zum Beispiel die Gemeinde Lobberich-Hinsbeck, deren Pfarrer Matthias Engelke am 16. August offiziell von seinem Amt entpflichtet wird, an einen neuen Pfarrer oder eine neue Pfarrerin kommt, das erläutern Superintendent Burkhard Kamphausen in Krefeld und Presbyterin Christa Bohris.

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„Zunächst muss geprüft werden, ob die Stelle wieder, und wenn ja, in welchem Umfang besetzt werden kann“, erklärt Kamphausen. Der Superintendent, gleichsam Oberpfarrer des Kirchenkreises Krefeld-Viersen, verhehlt nicht, dass die Personaldecke dünner und das Geld knapper geworden sind in der evangelischen Kirche im Rheinland.

Doch für Lobberich-Hinsbeck konnte grünes Licht gegeben werden: 3000 Gemeindeglieder, zwei Kirchen mit Gemeindezentrum, eine Kindertagesstätte in Lobberich, eine Begegnungsstätte in Hinsbeck, vielfältige seelsorgliche und soziale Arbeitsfelder — da muss schon ein Pfarrer mit ganzer Stelle her. „Oder eine Pfarrerin oder ein Pfarrer-Ehepaar, das ist in unserer evangelischen Kirche möglich“, ergänzt Kamphausen.

Und wer kümmert sich um die Einstellung des neuen Pfarrers? „Das Besetzungsrecht liegt beim Presbyterium“, heißt es in der bereits erfolgten Stellenausschreibung. Die gewählte Gemeindeleitung von Lobberich-Hinsbeck ist zuständig, wie Vorsitzende Christa Bohris erklärt: „Wir sichten die Bewerbungen. Geeignete Kandidaten werden zum Gespräch und zur Probepredigt eingeladen.“

Probepredigt? „Wir haben offizielle Gemeindegottesdienste, in denen jeweils ein Bewerber predigt“, so Bohris. Was hat der Kandidat zu sagen, spricht er die Menschen an — das Presbyterium höre auch gern die Meinung der Gemeindeglieder, ob jemand mit seiner Art hierher passe. Weiterer Praxistest: Katechese, zum Beispiel Leitung einer Stunde Konfirmanden-Unterricht.

Was erwarten die Lobbericher und Hinsbecker vom neuen Pfarrer? Residenzpflicht ist obligatorisch, das heißt, sie oder er muss in der Gemeinde den Wohnsitz nehmen. „Wir legen auch Wert auf die Jugendseelsorge“, sagt Bohris: „Junge Menschen für Kirche und Gottesdienst interessieren, ja begeistern können“ soll der neue Seelsorger. Auch werde ein Engagement in der Flüchtlingsarbeit vorausgesetzt.

Bis zur Entscheidung kann sich der Prozess durchaus über ein paar Wochen hinziehen. Deshalb hat das Auswahlverfahren schon begonnen, obwohl der Pfarrer Engelke noch im Amt ist. Dazu Bohris: „Sonst haben wir eine zu lange Vakanz.“ Für die einkalkulierte pfarrerlose Zwischenzeit sei schon „alles organisiert, auch Gottesdienste und eventuell anstehende Taufen oder Beerdigungen“: Andere Pfarrer aus dem Kirchenkreis helfen aus, in der Gemeinde kommen neben Diakon Gerd Witte auch Prädikanten, also mit liturgischen Aufgaben betraute Laien, zum Einsatz.

Seine Entscheidung fällt das Presbyterium zum Abschluss des Bewerbungsverfahrens nach einem sogenannten Wahlgottesdienst. Möglichst bis Oktober soll der neue Pfarrer oder die neue Pfarrerin die Stelle antreten.

Allerdings muss nach der Entscheidung des Presbyteriums der Superintendent prüfen, „ob irgendetwas gegen die Anstellung spricht“, stellt Kamphausen klar. Das allerdings ist laut Bohris normalerweise „eine reine Formsache“. Und dann kann der Neue kommen — oder die Neue.