Arbeit: Kein Poldi fürs Keks-Team
EM: Nicht alle großen Firmen geben den Mitarbeitern heute „fußballfrei“. Bei deBeukelaer ist Fußball tabu. Johnson Control und GDX sehen’s lockerer.
Kempen/Grefrath/Nettetal. Wenn am Mittwoch um 20.45Uhr in Basel Anpfiff der Europameisterschafts-Partie Deutschland-Türkei ist, läuft der Schichtbetrieb bei Griesson-de Beukelaer ganz normal weiter.
"Es gibt wegen der Europameisterschaft keine Änderungen", sagt Jutta Dören vom Sekretariat Firmenleitung aus der Zentrale in Polch. Will sagen: Von fußballfrei, EM-Kurzarbeit oder sonstigen Prinz-Poldi-Bonbönchen ist (bislang) keine Rede.
An der Arnoldstraße 62 im Kempener Gewerbegebiet "Am Selder" wird die Prinzenrolle von 350 Mitarbeitern in drei Schichten gebacken. "Fußballfrei" ist lediglich die erste Schicht von 6 bis 14 Uhr. Kritisch ist bereits die zweite Schicht, die bis 22 Uhr geht. Ist die Partie nach 90 Minuten entschieden, dürfte der Abpfiff gegen 22.40 Uhr erfolgen.
Aber auch die dritte Schicht ab 22 Uhr dürfte mit Blick auf eine durchaus mögliche Verlängerung bei den zahlreichen Fußball-Anhängern im Hause de Beukelaer - der Haupt-Werbeträger ist schließlich Lukas Podolski - äußerst unbeliebt sein.
Mini-Fernseher, Radio oder Handy an der Backstraße sind ebenfalls verboten. "Wir sind ein Lebensmittelbetrieb und müssen auf Hygiene den größten Wert legen", begründet der Kempener Produktionsleiter Bernd Schoofs die Maßnahme, die bereits bei der WM vor zwei Jahren für einige Anfragen aus der Belegschaft gesorgt hat.
TV sei allein wegen der Glasbruch-Gefahr tabu. Die Regelung gelte natürlich sowohl für deutsche als auch für türkische Mitarbeiter- davon stehen bei Griesson-deBeukelaer eine Menge in Lohn und Brot.
Was ist mit Schicht-Tausch? "Auch das ist schwierig, weil sonst die verordneten Ruhezeiten von elf Stunden nicht eingehalten werden können", seufzt Bernd Schoofs, der selbst im Tagesbetrieb tätig ist und heute Abend frei hat. Insgesamt eine Regelung, an der die fußballbegeisterte Belegschaft des Keks-Riesen zu knabbern hat...
Auch beim Auto-Innenausstatter Johnson Control in Grefrath droht eine Kollision von Schichtbetrieb und EM-Halbfinale. Dort stehen für die rund 300 Mitarbeiter während der Spät- (14-22Uhr) und Nachtschicht (22-6Uhr) aber Radios und sogar zwei Fernseher zur Verfügung. Allerdings, so war aus Firmenkreisen zu hören, "muss die vorgegebene Stückzahl in der Produktion unbedingt erreicht werden".
Glücklicher dürfen sich da schon die rund 600 Mitarbeiter im Schichtbetrieb von GDX Automotive GmbH in Grefrath schätzen. Dort darf sich die fußballinteressierte Belegschaft in der Spätschicht rechtzeitig für den Anstoß verabschieden.
Im Nettetaler Krankenhaus dürfte das fußballinteressierte Personal wenig verpassen- steht doch in jedem Patientenzimmer mindestens ein Fernsehgerät. "Da werden die Kollegen bei der Visite sicher mal einen Blick riskieren", ist sich Betriebsleiter Norbert Peffer sicher. Natürlich steht aber die Gesundheit der Patienten an erster Stelle, so dass Jogis-Truppe bei einem Notfall in der Ambulanz zurückstehen muss. Aber es geht auch anders, wie Norbert Peffer verrät: "Manche Mitarbeiter waren sehr vorausschauend und haben ihre Schichten mit anderen getauscht, die mit Fußball nichts am Hut haben."