Lobberich: Offener Schluss, offene Fragen

Schüler-Theater: Lobbericher Gymnasiasten führen Brecht-Parabel auf.

Lobberich. "Gut sein und doch leben?". Dass dieser göttliche Anspruch an die Menschen nicht leicht zu erfüllen ist, zeigte der Literaturkurs der Jahrgangstufe 12 des Werner-Jaeger-Gynmasiums mit seiner Aufführung von Bertolt Brechts Parabelstück "Der gute Mensch von Sezuan".

Rund 120 Besucher wurden am Montagabend in der Werner-Jaeger-Halle Zeuge vom Schicksal der naiven Prostituierten Shen Te (überzeugend: Elisabeth Suwandy) in der armen chinesischen Provinz Sezuan. Als Dank für ein Nachtlager schenken ihr drei Götter auf der Durchreise (Jannig Heimes, Nora Gordos, Andreas Schierkes) 1000 Silberdollar, mit denen sie einen Tabakladen eröffnet.

Die werkgetreue Inszenierung unter Leitung von Angelika Erdorf fing das neidische und habgierige Umfeld der "neureichen" Shen Te auf überzeugende Weise ein. Sei es nun die ewig lästernde Vorbesitzerin (klasse: Katerina Kefala), der Schreiner Lin To (Anne Berger) mit seinen unbezahlten Rechnungen oder der glücklose Flieger Yang Sun (Robert Schlief), in den sich Shen Te Hals über Kopf verliebt.

Da sie dem Anspruch der Götter unbedingt gerecht werden will, aber keinerlei Geschäftssinn hat, ist sie mit ihrem selbstlosen Engagement in der kapitalistischen Gesellschaft zum Scheitern verurteilt - und verliert nicht nur ihr Herz, sondern auch bald ihren Laden.

Einziger Ausweg aus dem Dilemma scheint ihr Vetter Shui Ta (Jan Hegger) zu sein, der als rücksichtsloser, egoistischer Geschäftsmann das genaue Gegenteil von Shen Te verkörpert. Aber vielleicht haben die beiden doch mehr gemeinsam, als alle denken...

Das 20-köpfige Ensemble (in weiteren Rollen: Christina Lienen, Elena Ioannidou, Stephan Angendohr, Julia Schlomach, Carina Hüskes, Kerstin Meik, Sylvia Seyen, Tugba Yildiz, Simone Cleven, Rene Sprünger, Tara Rostami) agierte vor einem kargen, mit Jutesäcken behangenen Hintergrund und überzeugte in allen Rollen. Vor allem Phat Trinh gab mit seiner engagierten Verkörperung des Wasserverkäufers Wang einen überaus glaubwürdigen Vermittler zwischen Menschen und Göttern.

Der offene Schluss nach zweieinhalb Stunden entsprach ganz dem Brecht’schen Sinne. Schließlich soll jeder Zuschauer für sich selbst eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage finden.