Kempen „Barcelona ist keine Thekenmannschaft“

Champions League, Bundesliga, DFB-Pokal — wie denken die Niederrheiner über das aktuelle Fußballgeschehen. Schaffen die Fohlen vielleicht ein Wunder?

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Nun werden wieder Punkte gejagt: drei für einen Sieg, ob zu Hause oder auswärts, wenigstens einer für ein Remis. Und es sind wieder Nullnummern möglich — was die torhungrigen Fans natürlich nicht so lieben: Die Bundesliga-Saison 2016/17 hat begonnen.

Welche Elf startet durch? Welche Teams werden die Spitzenplätze unter sich ausmachen? Und um welche Vereine muss man sich Sorgen machen, weil ihnen im nächsten Sommer der Abstieg in die Zweite Liga droht? Fußballfans auf dem Buttermarkt haben da ihre Vorstellungen. Und die Prognosen in den Block der Redaktion vor Ort diktiert.

Martina Barth kommt freudestrahlend auf den WZ-Stand zu. Das Herz der gebürtigen Frankfurterin, die bei Bayreuth wohnt und zurzeit mit ihrem Mann nicht zufällig in Mönchengladbach Urlaub macht, schlägt seit 50 Jahren für den VfL. „Seit mein Vater, der Eintracht-Frankfurt-Fan ist, mich mit ins Stadion nahm und ich von der Spielweise der Borussen so begeistert war.“ Bis heute mag sie den niederrheinischen Klub und seine Fans, hat sogar einen Mitgliedsausweis. „Am Mittwoch waren wir gegen Bern im Stadion und sind auch dort zum Bundesligastart gegen Leverkusen. Deshalb sind wir hier.“ Den fußballfreien Tag verbringen sie in Kempen. Borussia erwartet Martina Barth am Ende der Saison „unter den ersten Sechs“ und strahlt ihren Mann an: Der ist Nürnberg-Fan und hält sich raus.

Erstaunlich war die Häufung von Bayern-Fans auf dem niederrheinischen Markt. Guido Wladarz etwa ist seit seinem 14. Lebensjahr Anhänger der Münchner. Er ist Vereinsmitlied, verfolgt jedes Spiel im Fernsehen oder fährt sogar ins Stadion an die Isar. Mit Blick auf die aktuelle Saison sagt der 51-Jährige: „Die drei Titel sind unter dem Trainer Ancelotti auf jeden Fall machbar.“ Das sollte bei einer solchen „Millionentruppe“ auch der Anspruch sein.

Wladarz kritisiert, dass Fußball sehr kommerziell geworden sei und vermisst die alten Haudegen. „Ich denke da an Basler, Effenberg oder Matthäus“, so der Kempener, der in seiner Familie fußballerisch weitgehend isoliert ist: „Alle anderen halten zu Gladbach.“ Auch sein Sohn (20) sei zu Teenagerzeiten von München zur Borussia „konvertiert“.

Auch René (40) ist Bayern-Anhänger seit frühester Kindheit. Er ist sicher, dass Meisterschaft und DFB-Pokal in dieser Saison drin sind. „Alle drei Titel sind natürlich schwierig.“

Ein Oedter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, drückt dem heimischen TuS und den Bayern die Daumen. Er findet: „Die hohen Investitionen in München müssen sich jetzt amortisieren.“ Die Meisterschaft sei machbar, für alles andere sei die Mannschaft zu schlecht. „Aber vielleicht schaffen es die Bayern ja bis ins Halbfinale.“ Borussia sei aber — aufgrund der Auslosung — „auf jeden Fall raus. Dafür muss ich gar nicht erst nach Barcelona fahren.“ Die Katalanen zählen zum Kreis der Champions League-Gegner.

„Barcelona ist keine Thekenmannschaft“, gibt auch Fohlen-Fan Hans Spickers zu. Der Grefrather drückt den Borussen gemeinsam mit Ehefrau Anne die Daumen. Man habe mit Blick auf die Saison ein gutes Gefühl, so das Paar. „Borussia hat junge, gute Spieler“, sagt Anne Spickers. Sie können den Bayern Paroli bieten“, ergänzt ihr Mann.

„Die Aufsteiger werden es in dieser Saison wohl schwer haben“, nimmt Siegmund Rynkowski aus Wachtendonk an. Er erwartet, dass Borussia Mönchengladbach „vorne mitmischen wird“. Zu der Auslosung der Champions-League-Gruppe sagt er: „Borussia kann eigentlich nur gewinnen.“

Das sieht Andrea Messer aus Kempen genauso. „Die Gruppe ist super attraktiv. Schwer, aber gut. Das gibt volle Stadien.“ Zurück zur Bundesliga: Da drückt Familie Messer unterschiedlichen Teams die Daumen. Zwei Kinder sind Schalke-Fans, was noch aus Zeiten herrührt, als Kevin Kurányi in Gelsenkirchen kickte. Ein Sohn wünscht den Stuttgartern Siege. „Weil in Stuttgart mal Timo Hildebrand als Torwart spielte“, sagt Andrea Messer. Sie und ihr Mann freuen sich mit den Gladbachern. „Ich sehe am Ende der Saison Borussia auf Platz 3 hinter Bayern München und Dortmund.“ Die Bayern, ja an denen käme niemand vorbei. „Wer so viel Geld an den Füßen hat. . .“ Nichtsdestotrotz freut sich die ganze Familie wieder aufs „Sportschau-Gucken“. „Auch wenn es immer schwieriger wird, vor 18.30 Uhr nicht schon alle Ergebnisse zu wissen.“