Erste Rede im neuen Büro?
350 Gäste schauten sich am Sonntag bei Johnson Controls um. Dort könnte bald das neue Rathaus sein.
Grefrath. Die einen richteten die Räumlichkeiten in Gedanken schon ein, während sich andere nur schwer mit dem Nutzen der Idee anfreunden konnten: 350 Bürger nahmen am Sonntagvormittag den Besichtigungstermin im ehemaligen Entwicklungszentrum von Johnson Controls wahr. Das Gebäude am Bronkhorster Weg 11 (Baujahr: 2002) könnte schon bald das neue Rathaus der Gemeinde sein — das jedenfalls plant Bürgermeister Manfred Lommetz. Er hatte per Postwurfsendung zur zweistündigen Besichtigung eingeladen.
„Allen ist wohl klar, dass eine Verwaltung unter ein Dach gehört“, sagte Lommetz in seiner Ansprache. Natürlich müsse für dieses langfristige Projekt — denkbar seien 30 bis 50 Jahre — Geld in die Hand genommen werden. Dennoch blieben „moralische Bedenken“ mit Blick auf die derzeitig klamme Finanzlage der Gemeinde bestehen, so Lommetz weiter. Als er dann den Kauf des Gebäudes mit 3000 Quadratmeter Fläche verteilt auf drei Etagen als „Schnäppchen“ betitelte, raunten und tuschelten nicht wenige Anwesende.
Was bekäme die Gemeinde für 1,2 Millionen Euro? Alle 75 Verwaltungsmitarbeiter hätten im Gebäude Platz, es gäbe nur dieses eine Rathaus mit genügend Parkplätzen davor. Dazu könnte im Erdgeschoss ein Mehrgenerationen-Treff entstehen, den sich die Vereine „Älter werden in der Gemeinde Grefrath“ und „Mutter und mehr“ teilen. Im Kaufpreis enthalten sind außerdem 4500 Quadratmeter angrenzende unbebaute Fläche. Dorthin könnte später beispielsweise der Bauhof ziehen.
Für den Umbau sind weitere 1,2 Millionen Euro veranschlagt: Bau eines Aufzugs, Installation von Trennwänden, Anpassung der Kühlheizdecke und Sanierung der Heizung. Laut Gutachten ist diese Lösung mit einem Gesamtvolumen von 2,4 Millionen Euro günstiger als alles andere. Nicht berücksichtigt ist dabei allerdings die Haushaltslage. Wenn die Bürger tendenziell für die Johnson Controls-Variante abstimmen, wird der Gemeinderat laut Bürgermeister Manfred Lommetz frühestens im Frühjahr 2012 darüber entscheiden.
Begeisterung sprach aus Winfried Hüren: „Wir wollen hier rein“, betonte der Vorsitzende des Vereins „Älter werden“. Seiner Meinung nach sollte neben dem Mehrgenerationen-Treff eine öffentliche Cafeteria im Erdgeschoss eingerichtet werden. „Und die offenen Räume kann man nach Bedarf prima einteilen“, schlägt Hüren vor. „Und was ist mit einer Anlaufstelle für uns Oedter Bürger?“, wollte Heinz Panzer, Vorsitzender des Oedter Heimatvereins, wissen. Er forderte: „Eine Rathaus-Nebenstelle muss unbedingt erhalten bleiben.“
Mit Blick auf die maroden Pavillons am Grefrather Burgweg, wo die Vereine „Älter werden“ und „Mum“ derzeit untergebracht sind, begrüßt Marion Wanraths die Idee, das Rathaus samt Generationen-Treff an den Bronkhorster Weg zu verlegen. Sie leitet die Ferienbetreuungen der Gemeinde und weiß um den schlechten Zustand der Pavillons. Als „letzte Möglichkeit, etwas derartiges unter einem Dach zu realisieren“ beschreibt Gleichstellungsbeauftragte Annemarie Quick den Vorschlag. „Da wäre Leben drin“, ist sie sich sicher.
Den Blick raus aufs freie Feld gerichtet, spricht sich Manfred Pallas aus Grefrath für das Gebäude als neues Rathaus aus: „Natürlich muss noch abgeklärt werden, was an Unterhaltungskosten auf die Gemeinde zukommt. Aber das sollen Experten entscheiden.“ „Wenn das umgesetzt wird, was passiert dann mit den bisherigen Rathäusern?“, fragte Karl-Heinz Rüthan. Als „Bereicherung für Grefrath“ empfinden die Idee Irene und Franz Fabeck, unmittelbare Nachbarn des Gebäudes am Bronkhorster Weg. Bauamtsmitarbeiterin Lydia Feykes schaute sich an ihrem möglichen neuen Arbeitsplatz um und freute sich über die Resonanz bei der Besichtigung: „Letztlich müssen alle zu Wort kommen“, sagt sie.
Am Ende wurden die Gäste gebeten, ihre Meinung zur Ansiedlung des Rathauses im ehemaligen Entwicklungszentrum anzukreuzen und eigene Gedanken aufzuschreiben. Abschließend sagte Bürgermeister Lommetz: „Dies ist eine intensive Maßnahme, die das Gemeinde-Kapital deutlich erhöhen würde.“ Jetzt werden die Stimmkarten ausgewertet; danach entscheidet die Politik.