Kempen Historisch wertvolle Urkunden bleiben in Kempen

Nach der Entscheidung für Viersen als künftigen Standort des Kreisarchivs bleiben viele Fragen offen. Die WZ hat einige Antworten.

Foto: Reimann

Kempen/Viersen/Willich. Landrat Andreas Coenen (CDU) ist am Ziel — zumindest vorerst. Wie gestern berichtet, hat der Kreistag beschlossen, dass das neue Kreisarchiv in Viersen gebaut wird. Damit hat Coenens Favorit im Rennen mit den anderen Kandidaten Willich und Kempen den ersten Platz belegt. Nun aber geht die eigentliche Arbeit für die Kreisverwaltung erst los. Das mehrere Millionen Euro teure Projekt muss vorbereitet werden. In diesem Rahmen gibt es noch viele offene Fragen — die WZ hat einige Antworten.

Nach ersten Schätzungen geht der Kreis Viersen von rund neun Millionen Euro aus. Aus Landesmitteln stehen für das Projekt 5,1 Millionen Euro zur Verfügung. Wie teuer der Neubau letztlich aber wirklich wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zum einen davon, welches Grundstück in Viersen genommen wird. Im Blick hat der Kreis ein Areal am Kreishaus an der Goetersstraße. Eine Alternative gäbe es an der Realschule in der Viersener Südstadt.

Ebenfalls entscheidend für die Kosten wird sein, welche Städte und Gemeinden unter dem Kreisdach die Pflichtaufgabe Archivierung erfüllen werden. Derzeit sind dies sieben: Grefrath, Brüggen, Nettetal, Tönisvorst, Schwalmtal, Niederkrüchten und Kempen. Hinzu kommt jetzt Viersen. Ob auch Willich dazustößt und Kempen nach dem Streit um den Wegzug dabeibleibt, muss noch geklärt werden. Bis zur nächsten Kreistagssitzung am 15. Dezember will und muss der Landrat konkretere Zahlen gesammelt haben.

Eine Herauslösung des eigenen Stadt- aus dem Kreisarchiv wird nun in Kempen geprüft. „Wir sind vom Stadtrat beauftragt worden, dass wir eine Kostenanalyse dazu aufstellen“, sagte Bürgermeister Volker Rübo (CDU) gestern auf WZ-Anfrage. Dies werde nun geschehen. „Ich bin mir aber mit den Ratsvertretern darüber einig, dass wir uns nicht von Emotionen leiten lassen“, so Rübo. Man werde sachlich und im Sinne der Bürger entscheiden, betonte er.

Der Bürgermeister kann sich vorstellen, dass weite Teile des Archives aus der Burg nach Viersen umziehen. Wertvolle Urkunden — wie zum Beispiel die der Stadtrechtsverleihung von 1284 — werden nach Angaben von Rübo in Kempen bleiben: „Solche historisch wertvollen Akten werden Kempen nicht verlassen.“ Diese könnten im Kramer-Museum oder auch in der Burg ausgestellt werden.

In der Stadt Willich will man sich dagegen dem neuen Kreisarchiv i´n Viersen nicht anschließen. „Dazu gibt es einen eindeutigen Ratsbeschluss“, sagte Bürgermeister Josef Heyes auf Nachfrage. Die gute Zusammenarbeit von Stadtarchiv, dem Heimatverein und zwei weiterführenden Schulen i´n Schiefbahn wolle man nicht aufgeben. Es sei bedauerlich, dass die Standort-Entscheidung für das Kreisarchiv gegen Willich gefallen sein — „doch jetzt haben wir Klarheit“.

Die zweitgrößte Stadt im Kreis Viersen hält sich offen, das bestehende Stadtarchiv sogar zu erweitern. Bislang sind die Willicher Akten aus der Zeit vor der Kommunalen Neugliederung 1970 nämlich in der Kempener Burg gelagert. Nun wird geprüft, diese in den Keller des St.-Bernhard-Gymnasium zu holen, da dort in Kürze der benötigte Platz durch den Umzug des Heimatmuseums Kamps Pitter II frei wird. „Das muss gründlich untersucht werden — auch unter finanziellem Aspekt“, erläuterte Josef Heyes. Für Rat und Kulturausschuss gebe es genügend Zeit, sich damit zu befassen, da der Umzug des Kreisarchivs in den Viersener Neubau ja erst in einigen Jahren anstehe.

Erst Ende 2016 will der Kreis Viersen mit dem Vergabeverfahren und der Planung des Neubaus beginnen. Es folgen weitere Planungen, Vergabeverfahren und Bauanträge. Der Baubeginn ist derzeit für Anfang 2019 avisiert. Nach 18 Monaten sollen die Arbeiten beendet sein. Die Inbetriebnahme ist für Ende 2020 geplant. Das bedeutet, dass die Kempener Burg bis mindestens 2020 als Stadt- und Kreisarchiv genutzt wird.

Bürgermeister Rübo betonte im WZ-Gespräch, dass er in dieser Frage konstruktiv mit dem Kreis Viersen zusammenarbeiten wird. „Das ist die klare Absprache mit dem Landrat und dem Kreisdirektor“, so Rübo. Der Kreis als Eigentümer und die Stadt seien daran interessiert, dass die Burg sinnvoll genutzt wird. Derzeit prüft die Stadt, ob das Denkmal als Verwaltungssitz in Frage kommt. Konkrete Details dazu liegen aber noch nicht vor. Rübo: „Ich möchte auch betonen, dass wir in dieser Angelegenheit Zeit haben. Vor 2019 oder 2020 wird das Thema nicht konkret. Da werden wir nichts übers Knie brechen.“