In der Gefolgschaft Christi
Geschichte: Kempen gedenkt seines Stadtpatrons mit einem „Thomas-Tag“ am Sonntag. Doch vielen ist der Mystiker noch unbekannt. Die WZ stellt ihn vor.
Kempen. "Am Tage des Jüngsten Gerichts wird man uns nicht fragen, was wir gelesen, sondern was wir getan haben; nicht fragen, wie schön wir gesprochen, sondern wie fromm wir gelebt haben." Diese Zeilen stammen von einem Mann, der sich auf die Suche nach der rechten Gefolgschaft Christi begeben hat, einem Mystiker des 15. Jahrhunderts. Der Autor ist Thomas von Kempen.
Aus seinem Leben ist wenig bekannt, von großer Bedeutung ist vor allem seine Hinterlassenschaft. Das genaue Geburtsdatum des Kempener Stadtpatrons ist ungewiss. 1379/80 wird als die Zeit angenommen, in der er als Sohn des Johann und der Gertrud Malleolus, genannt Hemerken, das Licht der Welt erblickte - etwa dort, wo heute ein Denkmal an ihn erinnert. An St. Marien 12 stand sein Geburtshaus. Sein Vater, darauf deutet der Beiname der Familie hin, arbeitete wohl als Schmied.
Die Propsteikirche, in der Thomas Hemerken sehr wahrscheinlich getauft wurde, hat er nur als Baustelle kennen gelernt. 1391/92 besuchte er die Burse, die älteste Lateinschule der Stadt. Bald darauf verließ er Kempen gemeinsam mit seinem Bruder und kam nie mehr in seine Heimatstadt zurück. "Das war im Jahre 1394, als Kempen genau 100 Jahre Stadtrecht hatte", schreibt der ehemalige Propst Dr. Josef Reuter. In der Kirche erinnern zahlreiche Darstellungen an den Stadtpatron, wie die Thomaskapelle auf der alten Orgelempore über der Sakristei.
Als gesichtert gilt, dass Thomas 1394 nach Deventer (Niederlande) ging, um in der dortigen Stadtschule als Schüler studieren. Dort kam er bald in Kontakt mit den "Brüdern vom Gemeinsamen Leben", einer Bewegung, die den Frömmigkeits-Gedanken, der in der spätmittelalterlichen Kirche arg gelitten hatte, wiederaufleben ließ und sich der so genannten "Devotio moderna" verschrieben hatte. "Gebete, Verinnerlichung, Askese waren die Mittel, die den Weg zu Gott wieder zeigen und öffnen sollten", heißt es in der Kempener Stadtgeschichte von Friedhelm Weinforth im Abschnitt zu Thomas.
Dieser lebte gut ein Jahr mit den Brüdern in Deventer zusammen. Dort soll er das Scribieren, das Abschreiben von Texten, gelernt haben. 1399 ging er nach Zwolle und trat in das neu gegründete Augustiner-Kloster St. Agnes ein. Prior war dort sein Bruder Johannes. 1406 legte er die Gelübde ab, 1412 oder 1414 empfing er die Priesterweihe. Als Chorherr lebte er gut 70 Jahre im Agnes-Kloster, hatte dort mehrere Ämter inne. Vor allem betätigte er sich als (Ab-)Schreiber. Allein vier Mal soll er die Bibel komplett kopiert haben.
Mehrfach schrieb er wohl auch sein Hauptwerk, die "Nachfolge Christi", das er 1441 erstmals beendete. Es enthält eine Anleitung zum Leben in christlicher Demut und gilt noch immer als eines der bedeutendsten theologischen Werke überhaupt. Der berühmte Kirchenlehrer und Ordensgründer Franz von Sales schrieb über die "Nachfolge Christi": "Dieses Buch hat mehr Menschen geheiligt als es Buchstaben hat." Zu den Verehrern des Werks gehören Ignatius von Loyola, Gottfried Wilhelm Leibniz und Dietrich Bonhoeffer.
Über den Tod Thomas von Kempens heißt es in der "Chronicon Rerum Kempensium" von Johannes Wilmius: "Im Jahre 1471 starb auf dem Agnetenberg bei Zwolle die Zierde der ganzen Kirche und unserer Heimat, das Vorbild der Frömmigkeit, Thomas a Kempis, hochberühmt auf dem ganzen Erdkreis, im 92. Lebensjahr im Ruf der Heiligkeit".