Nachtmusik zu später Stunde Percussion-Spektakel begeistert Besucher in der Kempener Paterskirche

Kempen · (tg) Es war in gleich doppelter Hinsicht ein Konzert der ungewohnten Art, das das Kempener Publikum am spä­ten Freitagabend im Rahmen der von „Kempen Klassik“ ausgerichteten Reihe „Nachtmusik“ in der Paters­kirche geboten bekam.

Aaron Grünwald bot in der Kempener Paterskirche ein wahres Feuerwerk der Rhythmik dar.

Foto: Norbert Prümen

Zu den Be­sonderheiten des Formats (späte Uhrzeit, fehlende Bestuhlung, Aus­leuchtung der Kirche) gesellten sich diesmal die speziellen Umstände. Nachdem nämlich mit dem hochka­rätigen Schlagzeuger Christoph Siet­zen der eigentlich vorgesehene Inter­pret krankheitsbedingt erst am Vor­tag hatte absagen müssen, war es den Veranstaltern gelungen, mit Aa­ron Grünwald kurzfristig einen ex­zellenten Ersatz zu verpflichten.

Der als Ausnahmetalent geltende 22-jäh­rige Schüler von Martin Grubinger hatte erst zwei Tage zuvor seine Master-Aufnahmeprüfung am Salz­burger Mozarteum bestanden und nun das logistische Meisterstück vollbracht, mit einer ganzen Batterie Schlagzeug im Gepäck, die in einem spontan organisierten Lkw trans­portiert wurde, erst am Tag des Kon­zerts den weiten Weg an den Nieder­rhein anzutreten.

Das Programm ging durch Mark und Bein

Diese Vorgeschichte wurde von der Bravour noch übertroffen, mit der Grünwald rund eine Stunde lang Percussion auf höchs­tem tech­nischen und musikalischen Niveau bot. Die rund 150 Zuhörer – darunter auch erfreulich viele junge Gesich­ter – erlebten ein Programm, das emotional und körperlich durch Mark und Bein ging. Den Auftakt bildeten mit Fabian Ottens „Mono­log“ (Marimba) und Jesse Sieffs vir­tuosem „Chopstakovich“ (Pipe Drum mit Orchesteraufnahme) zwei beklem­mend schöne Adaptionen von Sätzen aus Schostakowitschs 8. Streich­quartett, in dem der Kompo­nist auf seine leidvollen Erfahrungen von Krieg und Unterdrückung re­flektiert. Es folgte eine Bearb­eitung für Ma­rimba von Bachs 6. Cellosui­te, in der manche eine Auseinander­setzung mit der Him­melfahrt Christi sehen. Ne­ben Grünwalds techni­scher Be­herrschung kam hier sein intensives musi­kalisches Nachemp­finden zum Tra­gen. Den krönen­den Abschluss bil­dete Iannis Xena­kis‘ Multi-Percus­sion-Werk „Psap­pha“, das Künstler wie Zuhö­rern al­les abver­langte. Das 1975 entstande­ne Avant-Garde-Stück – eine Hom­mage an die alt­griechische Dichterin Sappho – war ein Feuer­werk der Rhythmik, die durch Ein­satz von Schlag­instrumenten wie Congas, Woodblocks, Tom­toms, Chinabe­cken zum Tragen kam. Als Zuhörer konnte man den eigenen Körper vi­brieren spüren und durch Her­umgehen im Kir­chenraum das Klan­gerlebnis variie­ren – eine überwäl­tigende Er­fahrung, vom Pu­blikum mit begeis­tertem Beifall quittiert. Zuletzt eine „ver­söhnliche“ Zugabe: Gary Bur­tons Bearbeitung für Ma­rimba von Antô­nio Carlos Jo­bims Bossa-Nova-Klas­siker „Chega de Sauda­de“.