Talk-Abend mit Stefan Verhasselt „In Kempen entstehen viele meiner Geschichten“

Kempen · Gast beim Talk-Abend in Kamperlings war Moderator und Kabarettist Stefan Verhasselt. Er lebt seit Jahren in Kempen.

Sehr unterhaltsam plauderte Stefan Verhasselt mit Ina Germes-Dohmen vom Förderverein St. Josef.

Foto: Norbert Prümen

Mehr als 100 Gäste waren ins Pfarrzentrum der Gemeinde St. Josef in Kempen-Kamperlings gekommen, um ihn persönlich zu erleben: Stefan Verhasselt, der nicht nur seit 25 Jahren Radiomoderator bei WDR 4 ist, sondern auch als der „Niederrheiner unter den Kabarettisten“ gilt. Zwei Stunden plauderte er sehr unterhaltsam mit Ina Germes-Dohmen vom ausrichtenden Förderverein St. Josef, stellte dabei immer wieder Auszüge aus seinem mittlerweile fünften Kabarett-Programm „Zwischen den Zeilen“ vor.

Für Verhasselt war der Abend ein Heimspiel, lebt er doch seit vielen Jahren in Kempens Altstadt – und das offensichtlich sehr gerne. Oft werde er beim Einkaufen an der Stimme erkannt. „Ach, so sehen Sie aus“, heißt es dann. „Sind Sie enttäuscht?“, pflege er daraufhin zu fragen. Neben der angenehmen sonoren Stimme zeichnen diesen Mann eben auch sein Humor, seine Spontaneität und seine zugewandte, offene und freundliche Art aus. Ohne oberflächlich zu sein. Oder gar Starallüren zu entwickeln. Denn er ist ein echtes Kind des Niederrheins geblieben.

Geboren wurde er 1965 in Straelen, als Sohn eines Bäckermeisters. Dann zog die Familie nach St. Tönis, wo der Vater die Bäckerei des St. Töniser Krankenhauses übernahm. Und der Sohn als Elfjähriger erste berufliche Erfahrungen beim Krankenhaussender sammeln konnte. Bereits als Sechsjähriger habe er aus Lego sein erstes Mikrofon gebastelt – mit einer Kordel als Kabelersatz und Dieter Thomas Heck als beruflichem Vorbild. In der katholischen Grundschule in St. Tönis habe er wegen seiner andauernden Quasselei allerdings häufig Zeit auf dem Flur verbringen müssen, verriet er. Beruflich führte ihn sein Weg zunächst in die Marketing-Abteilung eines Elektronik-Konzerns. Doch dann entschied er sich für die Moderation. Über diverse Lokalsender kam er zum Alsterradio nach Hamburg, wo er in Kontakt mit Prominenten wie Mario Adorf, Sylvester Stallone oder Pierce Brosnan kam. Doch das Heimweh trieb ihn zurück an den Niederrhein.

Aktuell moderiert er die Vormittagsendung auf WDR 4 aus dem Landesfunkhaus in Dortmund. Der Rahmen seiner Moderation sei redaktionell vorgegeben. „Doch wir dürfen so formulieren, wie wir authentisch sprechen“, erläutert er. Er versuche, sich in sein Publikum hineinzuversetzen, aktuelle Stimmungen aufzufangen. Doch insgesamt hat er schon feststellen müssen, dass die Hörer kritischer geworden seien. „Manche sind überempfindlich, das sage ich ehrlich“, bekundete er.

Aber Verhasselt ist nicht nur die unsichtbare Stimme im Äther, er ist auch ein echtes Bühnentier. Für den WDR moderierte er 20 Jahre lang alle Großveranstaltungen. Und so kam eines Tages der Wunsch nach einem eigenen Bühnenprogramm auf. „Erzähl‘ doch deine Niederrhein-Geschichten“, habe man ihm geraten. Seit 2006 nimmt er Menschen, Sprache, Gewohnheiten und Lebensart am Niederrhein unter die Lupe. Und enthüllt Köstlich-Komisches. Etwa, dass es am Niederrhein schon immer Mobiltelefone gegeben habe: „Da geht et Telefon.“ Aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wie das Gendern oder immer diversere Essgewohnheiten beschäftigen ihn genauso wie die forsche Fahrradkultur in Kempen: „Ich muss aufpassen, wenn ich aus der Haustür trete, dass ich nicht überfahren werde.“ Inspirationsquelle sind ihm seine Großtanten aus Straelen, die ausgestattet mit Klarsichthaube auf dem Kopf und Abgase-ausstoßenden Opel-Rekord-Kombi niederrheinische Frauenpower verkörperten. „Aber auch in Kempen entstehen viele meiner Geschichten“, plaudert er aus dem Nähkästchen. Anscheinend arbeitet er gerne in Cafés in der Altstadt und hat dabei immer ein Ohr am Nebentisch. Denn der Nährboden für seine Geschichten ist der Alltag. Überhaupt sei er gerne unter Menschen. „Ruhe ist für mich nicht so gut, mit Euch ist es schöner.“ Der lange Applaus ist die Bestätigung dafür, dass das auch umgekehrt gelten dürfte. Das Honorar des Abends spendete Verhasselt der Kempener Tafel.