Kempener Martinstüte: Schokolade doch nicht fair?

Das Siegel an den Süßigkeiten verspreche nur Nachhaltigkeit, bemängeln Kritiker.

Kempen. Wenn am Sonntag in vier Wochen 4500 Kinder nach dem St. Martins-Umzug ihre Blo-es genannte Martinstüte erhalten, ist darin unter anderem Schokolade enthalten, die aus nachhaltigem Anbau stammt.

Als „Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnet das Kurt Huintjes vom Eine-Welt-Kreis Christ-König. Dennoch bemängelt er, dass es „noch immer keine fair gehandelte Schokolade“ in die Martinstüte geschafft hat.

Seit Jahren steht diese Forderung unerfüllt im Raum. „Die Eine-Welt-Kreise haben uns gebeten, wir mögen uns nach Alternativen umschauen“, sagt Heiner Wirtz. Der Vorsitzende des Martinsvereins tat dies und lud Vertreter der Gruppen zum Infogespräch ein.

„Darin haben wir erklärt, in diesem Jahr Produkte von de Beukelaer und Mars mit dem ‘UTZ-certified´-Siegel zu kaufen. Damit waren alle einverstanden. Wir dachten, dass dies eine faire Lösung ist. Bis unser Vorstand das sechs Wochen später absegnete, gab es keinen weiteren Protest.“ Im Klartext heißt das: Niemand hatte das UTZ-Siegel hinterfragt.

„Es ist ein Nachhaltigkeits-, kein faires Siegel“, sagt Monika Vogelpohl von der Verbraucherzentrale NRW. Ziel von UTZ sei es, die Produktivität zu steigern. UTZ setzt darauf, dass Unternehmen die nach seinen Kriterien zertifizierte Ware bevorzugt nachfragen. Und dadurch sollen Bauern höhere Preise erzielen.

„Den Gedanken der Nachhaltigkeit werte ich als positives Signal vom Martinsverein“, sagt Bärbel Trappmann von der Eine-Welt-Gruppe der evangelischen Gemeinde Kempen. Doch Huintjes geht das nicht weit genug: „Der Martinsverein hat uns Falsches versprochen. Von Fairness kann keine Rede sein!“

Heiner Wirtz möchte „möglichst viele Produkte mit Siegel“ in die Tüten packen — aber ohne Mehrkosten. „Laut Satzung sammeln wir für die Kempener Kinder. Unseren Spendern gegenüber sind wir also verpflichtet, wirtschaftlich zu handeln“, sagt Wirtz.

„Günstig und fair geht’s auch“, macht Verbraucherschützerin Monika Vogelpohl deutlich: „In Wuppertal ist das Gepa-Fair-Handelhaus ansässig, in Gelsenkirchen die Weltladen-Basis. Großabnehmer erhalten dort Rabatte.“