Kempen Kempener sind stolz auf einen Handball-Helden

Julius Kühn ist seit Sonntag Europameister. 2009 hat er seinen Abschluss an der Kempener Realschule gemacht.

Kempen. „Natürlich sind wir ein bisschen stolz. Julius Kühn hat Sportgeschichte geschrieben.“ Das sagte am Montag Uwe Hötter über den Handball-Nationalspieler, der am Sonntagabend mit Deutschland den Europameistertitel geholt hat. Hötter kann als früherer Leiter der Erich Kästner Realschule stolz sein, weil der EM-Held 2009 seinen Realschulabschluss in Kempen gemacht hat. „Ich habe das Spiel mit meiner Familie geguckt. Der Jubel war groß“, so Hötter, der inzwischen die Kempener Gesamtschule leitet.

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Auch seine Nachfolgerin an der Realschule, Siggi Strohe, war am Montag überglücklich: „Es ist schon etwas Besonderes, wenn ein früherer Schüler so etwas Großes erreicht.“ Besonders stolz wirkte allerdings Sportlehrerin Annette Küppers im Gespräch mit der WZ. Als Leiterin der Handball-AG hatte sie sich Julius Kühn schon in der 5. Klasse für die Schulmannschaft „gekrallt“. „Er hatte schon damals ein großes Talent. Und in der Schulmannschaft hat Julius über Jahre tolle Leistungen gezeigt“, so Küppers, die früher selbst aktiv Handball gespielt hat.

Auf dieses Talent wurden auch schon früh größere Vereine aufmerksam. Nachdem Kühn, dessen Familie aus Stenden stammt, beim TV Aldekerk das Rüstzeug gelernt hatte, wechselte er über die HSG Düsseldorf und TUSEM Essen zum VfL Gummersbach, für den er heute in der Bundesliga im Rückraum spielt. Für die Nationalmannschaft ist der 22-Jährige seit September 2014 aktiv. Für die EM wurde er nachnominiert, weil andere Leistungsträger verletzt ausgefallen waren.

„Man hat am Fernseher gespürt, dass er sich nahtlos in dieses Team eingefügt hat“, ist sich Handball-Expertin Küppers sicher. Dies sei für sie keine Überraschung: „Trotz seines großen Talents war Julius auch in der Schulmannschaft immer ein Teamplayer.“ Zudem sei er den meisten Kollegen als „bescheidener Schüler mit guten Noten“ in Erinnerung“, ergänzt Schulleiterin Strohe.

Die EM-Spiele mit Julius Kühn waren für Lehrerin Küppers speziell: „Mitgefiebert habe ich vorher auch. Aber als Julius dann noch dazu kam, wurde das Ganze noch spannender.“ Auch unter einem nicht-sportlichen Aspekt: „Da ich Julius auch in Musik hatte, habe ich natürlich genau darauf geachtet, ob er die Nationalhymne mitsingt“, scherzt Küppers. „Und er hat auch das super gemacht.“

Körperlich gehört der 1,98-Meter-Hüne zu den Schwergewichten im deutschen Nationalteam. Das war aber nicht immer so, wie Annette Küppers zu berichten weiß. „In der 5. Klasse war er noch eher klein und schmächtig.“ Erst in Klasse 9 und 10 habe Julius Kühn dann körperlich „einen Sprung gemacht“. Die Position im Rückraum habe Kühn auch schon an der Realschule gespielt. „Wegen seines Talents war er aber auf vielen Positionen einsetzbar — eine Art Joker“, ergänzt die Sportlehrerin.

Talentiert sei Julius Kühn nicht nur auf dem Handballfeld gewesen. „Seine Sportnoten waren immer top. Vor allem in den Ballsportarten war er gut“, erinnert sich Annette Küppers. So sei er auch in der Fußball-Schulmannschaft dabei gewesen. „Er war halt sehr aktiv.“

Für die Handballer an der Erich Kästner Realschule erhofft sich die Sportlehrerin einen Motivationsschub durch den deutschen EM-Triumph. „In eineinhalb Wochen treten die Jungs der 9. und 10. Klasse im Landesfinale in Solingen an. Der Sieger darf zum Bundesturnier nach Berlin“, erzählt die Trainerin, die sich seit 1993 an der Realschule um Handball kümmert. Nach Berlin habe es bislang noch kein Realschul-Team geschafft — und somit auch Julius Kühn nicht. Küppers: „Es wäre toll, wenn wir das mal schaffen würden.“