Heilig-Geist-Kapelle Neues Leben im alten Kirchengemäuer

Kempen. · Seit Jahren steht die Heilig-Geist-Kapelle am Kempener Buttermarkt leer. Zuletzt war dort eine Buchhandlung. Im Frühjahr soll dort ein religiöser Begegnungsort starten.

 Die Heilig-Geist-Kapelle um 1920 mit dem Hotel „Kempener Hof“. Im Hintergrund ist die Einmündung der Peterstraße zu erkennen.

Die Heilig-Geist-Kapelle um 1920 mit dem Hotel „Kempener Hof“. Im Hintergrund ist die Einmündung der Peterstraße zu erkennen.

Foto: Nachlass Karl Wolters

Seit einigen Jahren steht die Heilig-Geist-Kapelle am Buttermarkt in Kempen leer. Über viele verschiedene Nutzungsmöglichkeiten für das markante Denkmal wurde schon diskutiert. Vor einem Jahr hatte die SPD-Stadtratsfraktion mit ihrem Vorschlag, zu prüfen, ob man dort eine Touristen-Information der Stadt einrichten könnte, keine Mehrheit gefunden. Nun gibt es von Seiten der katholischen Pfarrgemeinde St. Mariae Geburt, die Eigentümerin der Kapelle ist, eine neue Idee.

Der Raum soll in Zukunft wieder pastoral genutzt werden. Gemeindereferent Andreas Bodenbenner stellte dazu im Pfarreirat ein erstes Konzept vor. Dieses erarbeitet er zurzeit mit Mitstreitern von der Evangelischen Kirchengemeinde Kempen und der Evangelischen Freikirche Kempen. „Wir wollen einen Begegnungsort für Suchende schaffen, einen Ort, der zum Verweilen und Innehalten einlädt und Begegnungen ermöglicht“, so Andreas Bodenbenner. Es soll ein Raum für die Begegnung mit Gott sein, in dem Menschen unterschiedlicher Religionen einen Gottesort entdecken können. Verschiedene Ideen, wie man Menschen erreichen kann, gibt es schon. Details werden zurzeit noch erarbeitet. Im nächsten Frühjahr soll das Angebot starten.

 Die Kapelle steht seit dem Frühjahr 2012 leer, nachdem Buchhändler Gereon Vogler seinen Mietvertrag mit der Propsteikirchengemeinde gekündigt hatte. Die Inneneinrichtung des Geschäfts ist zum Teil erhalten.

Die Kapelle steht seit dem Frühjahr 2012 leer, nachdem Buchhändler Gereon Vogler seinen Mietvertrag mit der Propsteikirchengemeinde gekündigt hatte. Die Inneneinrichtung des Geschäfts ist zum Teil erhalten.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die unterschiedlichen Nutzungen hat die Kapelle in ihrer fast 600-jährigen Geschichte schon erfahren. Gebaut wurde sie als Kapelle für das Hospital zum Heiligen Geist, das am Buttermarkt entstand und dessen Gründung auf eine Stiftung im Jahr 1390 zurückgeht. Stiftungsgründer Johann von Broichhausen selbst hatte den Bau des Gotteshauses in die Wege geleitet. Die Weihe fand am 24. Juli 1421 statt. Die Kapelle ist im spätgotischen Stil erbaut worden, ein einschiffiger Backsteinbau mit Strebepfeilern und Kreuzrippengewölbe. Zwischen 1624 und 1631 nutzten die Franziskaner die Kapelle zum Gebet. Im 19. Jahrhundert wurde der Raum dann nicht mehr sakral genutzt, zogen dort eine Schänke und ein Hotel ein, der Kempener Hof. Dafür war eine Zwischendecke eingezogen worden, die aber in den 1950er-Jahren wieder verschwand. Im oberen Stockwerk befand sich der Speisesaal.

Von Heulager und Offizierskasino zu Friseursalon und Stadbücherei

In der Folgezeit wurde die Geschichte noch wechselvoller, denn die Kapelle diente als Heulager, nach dem Ersten Weltkrieg als Offizierskasino für belgische Besatzungssoldaten, später dann als Friseursalon und als Kempener Stadtbibliothek. Nachdem die Bibliothek ins Franziskanerkloster an der Burgstraße umgezogen war, wurde die Kapelle mit dem angrenzenden Gebäude von zwei Orden genutzt. Anschließend wurde eine christliche Buchhandlung dort eingerichtet.

Seitdem Gereon Vogler seine Choros-Buchhandlung im Frühjahr 2012 geschlossen hat, steht die Kapelle am Buttermarkt leer. Bereits damals suchte der Kirchenvorstand der Propsteigemeinde einen neuen Mieter, um das Gotteshaus zu erhalten. Im Gespräch waren zuerst ein Spirituosen-Händler und dann eine Metzgerei. Der damalige Vorsitzende des Kempener Werberings, Reinhard Stein, brachte erstmals die Heilig-Geist-Kapelle als möglichen Standort für eine Touristen-Info ins Gespräch. Doch diese Idee wurde nie weiterverfolgt, bis die SPD sie wieder aufgriff. Die Stadtverwaltung hatte indes nie Interesse, dort eine Touristen-Information unterzubringen, will sie weiterhin lieber im Eingangsbereich zum Kulturforum Franziskanerkloster belassen.

Das ehemalige Schwesternwohnheim direkt an der Kapelle hatte die Stadt zu Beginn der großen Flüchtlingswelle von der Propsteigemeinde gemietet, um dort asylsuchende Ausländer, die der Stadt zugewiesen wurden, unterbringen zu können. Seit März betreibt die DRK-Jugendhilfe Westfalen-Lippe dort das „DRK JUMA-Haus Kempen“. Neun junge Geflüchtete ab 14 Jahren leben zurzeit dort und werden rund um die Uhr von Pädagogen betreut.

In der Kapelle selbst hat sich in den vergangenen Jahren nicht viel verändert. Eine Holzregalkonstruktion, die für die Buchhandlung im Jahr 2005 eingebaut wurde und über eine Treppe Zugang zu einer Büchergalerie bietet, ist immer noch vorhanden. Der Chorraum wurde damals aber bewusst frei gehalten, um die Richtung des Raumes und die Höhe nach wie vor erlebbar zu halten. Für die neue Nutzung als Begegnungsort ab kommendem Frühjahr muss also zunächst einmal nicht viel verändert
werden. ulg/rei