Bienen sind verweichlicht

Imker Johann van den Bongard macht sich Gedanken, warum so viele der Insekten starben.

Anrath. Mit Rückschlägen müssen Imker eigentlich jedes Jahr leben. "Fünf bis zehn Prozent der Bienenvölker überleben den Winter nicht", erklärt Johann van den Bongard, Imker aus Anrath. Schlimm genug, aber normal und praktisch eingeplant. Doch der vergangene Winter hat besonders heftig gewütet, die Todesrate stieg im Schnitt auf 30 Prozent. "Auch hier im Kreis Viersen oder auch in Krefeld gab es Verluste von 50Prozent oder sogar Totalausfälle", weiß van den Bongard. Vor allem ältere Kollegen überlegten es sich dann zwei Mal, ob sich ein Neuanfang lohnt. Vor allem die, für die es "nur" ein Hobby ist.

Van den Bongard ist Berufsimker und kam noch relativ glimpflich davon. Zwei Prozent Verlust, damit lässt sich leben. "Da kommen Können und Glück zusammen." Trotzdem macht er sich natürlich seine Gedanken. Woran liegt es, dass diesmal so viele Völker ausgelöscht wurden? Der "Erzfeind" seines Berufsstandes, die Varroa-Milbe, wird sofort als Ursache Nummer eins ausgemacht. Doch das sei nicht das einzige Problem.

Die Witterung, so vermuten Experten, tat ihr übriges dazu. Der Winter zu mild, das Frühjahr dafür wieder mit Kälteperioden: "Das war zu stressig für die Bienen", sagt van den Bongard und verweist auf seine Theorie über den Hintergrund des großen Sterbens: "Die Bienen sind mittlerweile einfach verweichlicht."

Schließlich sollen die Insekten ja möglichst nur positive Eigenschaften haben, sanftmütig sein und viel Honig produzieren. "Da wird immer wieder in den Völkern untereinander weiter gezüchtet", kritisiert der Imker die Inzucht, die die Insekten ihrer Widerstandsfähigkeit beraubt und sie nicht nur zu leichten Opfern der Varroa-Milbe macht.

Richtige Erkenntnisse über die Ursachen gibt es nicht. "Da kommen viele Faktoren und eine große Unbekannte zusammen." Die Folgen sind dafür überall zu sehen: Fast leere Bienenstöcke, der Großteil des Bienenvolkes ist verschwunden. "Die kommen dann einfach nicht zurück. Die paar übriggebliebenen Bienen schließen sich dann anderen Völkern an", so van den Bongard. So verbreitet sich dann auch die Varroa-Milbe immer weiter.

Wer jetzt denkt, "ich esse ohnehin keinen Honig, was gehen mich die Bienen an", irrt. "Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Biene wird oft unterschätzt", warnt der Imker, "sie fehlen auch als Bestäuber, allein 80 Prozent der Obstpflanzen werden durch Bienen bestäubt. Obstbauern wollen das manchmal nicht wahrhaben." Und künstlich lässt sich dieser Prozess nicht herbeiführen. "In den USA hat man eine künstliche Bestäubung schon mehrfach probiert und ist gescheitert." Van den Bongard stellt noch einmal klar: "Die Honigproduktion ist eigentlich nur sekundär."