Neersen. Gras drüber wachsen lassen? Das sei in biologischer Hinsicht in Ordnung. Und so wählten die Schüler der Willi-Graf-Realschule aus Willich als Abschlussbild für ihre Ausstellung das Foto zweier strahlend gelber Löwenzahnblüten auf satt grünem Gras.
Die wachsen heute auf dem Gelände, auf dem während der Nazizeit hunderttausende, vielleicht sogar Millionen Menschen ihr Leben ließen: dem des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau. Dessen Befreiung am 27. Januar 1945 wurde am Samstag mit einer zentralen Veranstaltung des Kreises Viersen im Neersener Ratssaal gedacht.
Dafür hatte die Kreisvolkshochschule den Historiker Hans Hesse gewonnen, der sich mit dem Alltag in den Lagern befasst und diesmal ein besonderes Licht auf die Kinder in Auschwitz warf. Weil bei so großen Zahlen von Ermordeten das menschliche Vorstellungsvermögen streikt, nannte er Täter und Opfer beim Namen, griff Einzelschicksale heraus.
Genauso hielt es auch Uwe Müller, der Lehrer an der Willi-Graf-Realschule, der die seit 1994 jährlich stattfindenden Exkursionen seiner Schüler in das Lager vorbereitet und begleitet. Die Texte und Bilder, die in früheren Jahren auf diesen Reisen entstanden, wurden von Schülern vorgetragen, die diesmal dabei gewesen waren. Trauer und Mitgefühl kam dabei zum Ausdruck. Wut. Und dass sie das, was dort Menschen anderen Menschen angetan haben, kaum aushalten konnten. Trotzdem ist ihr Resüme positiv: "Wieso sollen wir die Vergangenheit ruhen lassen? Sie hilft uns, dass wir Fehler nicht noch einmal machen", lautet ihr Fazit.
Jürgen Löscher, Lehrer an der Kreismusikschule, sorgte für angemessene musikalische Untermalung. Gelingt es doch mit der Klarinette besonders, Klagen und Jauzchen der menschlichen Seele auszudrücken. Wobei ihr das Jauchzen nach dieser Veranstaltung lange nicht mehr gelingen mag.