Tönisvorst Im Einsatz für Nachtruhe ab 22 Uhr

Der Tönisvorster Bürgermeister Thomas Goßen ist Vorsitzender der Fluglärmkommission. Er spricht mit der WZ über Ziele.

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Tönisvorst. Seit 2005 gehört Tönisvorsts Bürgermeister Thomas Goßen der Fluglärmkommission des Düsseldorfer Flughafens an. Seit Frühjahr 2012 ist er Vorsitzender. Im Gespräch mit der WZ berichtet Goßen unter anderem davon, was die Stadt Tönisvorst von seiner ehrenamtlichen Tätigkeit hat und was sich beim ihm selbst, wenn er im Flugzeug sitzt, verändert hat.

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WZ: Wie wird man Vorsitzender einer Fluglärmkommission? Für welchen Zeitraum wurden Sie gewählt? Waren Sie bereits zuvor in entsprechenden Gremien?

Thomas Goßen: In der Fluglärmkommission bin ich seit 2005 Mitglied. Damals wurde ich vom Rat der Stadt als Tönisvorster Vertreter benannt. Im Frühjahr 2012 wurde ich auf Vorschlag des damaligen Vorsitzenden und des Meerbuscher Bürgermeisters, Dieter Spindler, von der Kommission einstimmig gewählt und im Frühjahr 2015 ebenso wiedergewählt

WZ: Warum haben Sie sich dafür zur Verfügung gestellt?

Goßen: Den Vorsitz zu übernehmen, war für mich zunächst nicht unbedingt naheliegend. Andere Städte liegen näher am Flughafen und sind viel stärker belastet als Tönisvorst. Dieter Spindler und der inzwischen ebenfalls ausgeschiedene Kaarster Bürgermeister, Franz-Josef Moormann, waren damals die treibenden Kräfte. Dass ich die Funktion trotzdem übernehmen sollte, weil ich über die nötige Erfahrung in der Kommissionsarbeit und der Sitzungsleitung verfügte.

WZ: Sie haben diese Aufgabe seit 2012 inne. Sehen Sie den Flughafen Düsseldorf jetzt aus anderer Sicht als zuvor?

Goßen: Man befasst sich natürlich intensiver mit den Themen. Dabei geht es doch immer nur darum, dass ein Flughafen viele Facetten hat: Er bietet Mobilität, er ist Arbeitgeber, Wirtschaftsfaktor, aber eben auch Lärmverursacher.

WZ-Interview

WZ: Wie denken Sie und die Kommission über eine Kapazitätserweiterung und über die Zunahme der Starts und Landungen?

Goßen: Die Kommission hat die Kapazitätserweiterung mehrheitlich abgelehnt. Nicht weil wir einfach gegen den Flughafen wären, sondern weil es einen fairen Ausgleich für die lärmbelasteten Bürger geben muss. Der Flughafen ist ein Wirtschaftsunternehmen, das Geld verdienen will. Das ist völlig in Ordnung. Natürlich hat er auch für die Wirtschaft in NRW seine Bedeutung. Auch das stellt niemand in Frage. Dieser Flughafen liegt mitten in einem dicht bevölkerten Ballungsgebiet, in dem viele Menschen aber auch von Fluglärm betroffen sind. Zum Teil sehr stark und besonders in den Abendstunden ab 22 Uhr. Die letzte Kapazitätserweiterung 2005 wurde unter anderem damit begründet, dass man mit mehr Kapazität die abendlichen Verspätungen, die besonders belastend sind, abbauen könnte. Das Gegenteil ist allerdings eingetreten. Es kann, kurz gesagt, nicht immer nur ein „Mehr“ für den Flughafen zu Lasten der Lärmbetroffenen geben, sondern es muss ein fairer Ausgleich geschaffen werden: Mehr Flexibilität für den Flughafen gegen klare Verbesserungen für die Bürger in den späten Abendstunden.

WZ: In welcher Form kann überhaupt die Kommission Einfluss nehmen? Wie oft tagen Sie?

Goßen: Die Kommission hat nach dem Luftverkehrsgesetz die Aufgabe, die Genehmigungsbehörde, also den nordrhein-westfälischen Verkehrsminister, zu beraten. Sie hat kein Vetorecht. Das heißt, der Minister kann anders entscheiden und muss seine Gründe der Kommission mitteilen. Die Kommission gibt den Städten eine Plattform, ihren Standpunkt klarzumachen, den Finger in die Wunde zu legen. Wir tun dies übrigens auch mit sieben Städten schon seit mehreren Jahren, in enger Abstimmung im Aktionsbündnis mit den Bürgerinitiativen und Bürgervereinen im Umland. Die Kommission tagt normaler Weise zweimal im Jahr. Es sei denn, es kommen Sondersitzungen zu bestimmten Themen, wie jetzt zur Kapazitätserweiterung, hinzu.

WZ: Wann sind Sie zuletzt selbst zu welchem Anlass geflogen? Und sehen Sie dies als Nutzer jetzt anders als zuvor?

Goßen: Natürlich fliege ich selber auch, in diesem Jahr war ich zum Beispiel morgens zu einer Konferenz nach Hamburg, da am Abend vorher hier noch in Tönisvorst Sitzung war. Es gibt zwei Regeln, die ich ganz bewusst beachte, seit dem ich mich mit dem Thema befasse: Ich verzichte auf Flüge, die später als 22 Uhr in Düsseldorf ankommen sollen und nehme bei Abflügen ab Frankfurt den Zug zum Flughafen und keinen Zubringerflug. Das ist übrigens genauso schnell und nicht unbequemer.

WZ: Was hat konkret die Stadt Tönisvorst davon, dass der Bürgermeister in dieser Kommission ist?

Goßen: Der wichtigste Punkt: Man bekommt Informationen, mit denen man frühzeitig abschätzen kann, ob es Veränderungen gibt, die sich auf Tönisvorst früher oder später auswirken könnten. Ein konkretes kleines Beispiel: Als bekannt wurde, dass der Riesen-Airbus A 380 regelmäßig in Düsseldorf starten wird, gab es die Frage eines Bürgers, ob das neuen Lärm für ihn bedeute. Oder eben der regelmäßige Bericht über die gemessenen Lärmwerte an den Messstationen. Oder die Frage, ob unterschiedliche Start- und Landeentgelte für laute und leisere Flugzeuge einen Anreiz schaffen, dass leisere Maschinen eingesetzt werden.

WZ: Was ist derzeit das wichtigste Ziel der Kommission?

Goßen: Dass wir zu einem fairen Ausgleich zwischen Flughafen und den lärmbelasteten Menschen kommen, in dem es zum Beispiel ab 22 Uhr — mit Ausnahme unvermeidlicher Verspätungen — Nachtruhe gibt und nicht mehr de facto bis Mitternacht locker durchgeflogen wird.

WZ: Wir springen mal in das Jahr 2018. Vervollständigen Sie bitte diesen Satz: „Es wäre optimal, wenn es der Kommission bis dahin gelänge, dass…

Goßen: …das genannte wichtige Ziel umgesetzt ist und das Land NRW in einem Luftverkehrskonzept darstellt, welchen Bedarf es in Zukunft in NRW gibt und wie die Flughäfen im Lande das abwickeln können. Es muss nicht immer alles in Düsseldorf stattfinden. Der Steuerzahler finanziert eine Menge anderer Flughäfen, so zum Beispiel Weeze.“

WZ: Danke für das Gespräch.