Anrath Titanic-Jugendzentrum macht Musikaufnahmen möglich
Anrath. · Viel Arbeit und finanzielle Hilfe von Stadt und dem Verein „Gutes beginnt im Kleinen“ waren zur Einrichtung des Tonstudios nötig.
Die Begeisterung steht Simon, Daniel und Jens ins Gericht geschrieben. „Es ist einfach nur cool geworden“, sind sich die drei einig. Das, worüber sie sich so freuen, befindet sich in einem kleinen Raum in der ersten Etage des Jugendzentrums Titanic in Anrath. Dort ist im Laufe etlicher Arbeitsstunden der drei sowie weiterer Helfer und durch finanzielle Unterstützung des Vereins „Gutes beginnt im Kleinen“ ein Tonstudio entstanden.
Wände, komplett gepolstert mit schwarzen Akustikschaumplatten, bestimmen das Bild. Dazu kommt eine aus Spanplatten gebaute Aufnahmekabine mit kleinen Fenstern, deren Wände und Tür ebenfalls mit den Schaumplatten versehen sind. Ein Sofa und ein Tisch, beides Geschenke, gehören zur Ausstattung; das Herzstück aber ist der große Glastisch mit dem Sampler samt Monitor und Boxen. Simon und David haben auf den beiden Drehstühlen Platz genommen. Ein kurzes Hantieren an den Reglern, und einer ihrer selbst geschriebenen und aufgenommenen Songs, die unter ihrem Musikernamen „Bebroke Boys“ laufen, ist zu hören. „,Gutes beginnt im Kleinen’ gab uns damals, was fehlt, räumt Steine aus dem Weg, bis ein Studio steht“, schallt der gerappte Text aus den Boxen. Ein Song, eigens für den Verein geschrieben, der das Studio ermöglicht hat.
Rap-Musik ist für die Jugendlichen ein wichtiges Mittel zum Ausdruck
Die Idee eines Tonstudios schwirrte schon lange im Kopf von Marion Tank umher. Das Interesse an einem solchen war bei den Jugendlichen groß. Die Streetworkerin der Stadt Willich schrieb ein entsprechendes Konzept, in dem sie unter anderem verdeutlichte, dass viele Jugendliche sich mittels der Musik, insbesondere dem Rap, ausdrücken, und was es bedeutet, wenn diese Songs selbst mittels Profiausrüstung aufgenommen werden können. Sie reichte das Konzept bei ihrem Arbeitgeber ein, aber wie so vieles scheiterte es an den Kosten. Es war einfach zu teuer.
Über die Notfallschlafstelle, die Tank ebenfalls vor einigen Jahren ins Leben gerufen hatte, war ein Kontakt zu „Gutes beginnt im Kleinen“ entstanden. Die Streetworkerin kontaktierte den Verein, stellte das Projekt vor und stieß auf Unterstützung. Der Verein sicherte eine Kostenbeteiligung in Höhe der Hälfte der benötigten 3500 Euro zu. Die Stadt Willich gab grünes Licht und stellte die andere Hälfte zur Verfügung. Danach stand die Raumsuche an. Im Jugendzentrum Titanic wurde man fündig. Dort stand der Probenraum für Schlagzeuger leer, da das Schlagzeug schon vor Längerem in den allgemeinen Probenraum im Keller umgezogen war. „Ich fand es eine wunderbare Idee, hier ein Tonstudio einzurichten“, sagt Titanic-Einrichtungsleiterin Simone Benen-Heyer.
Eine „On air“-Lampe an der Tür zeigt an, wenn die Aufnahme läuft
Tank fuhr mit einigen Jugendlichen nach Köln, um sich in Sachen Sampler-Einkauf beraten zu lassen. Schließlich wollte man das Geld gut anlegen. Die restlichen Materialien wurden ebenfalls angeschafft, und zusammen mit Siggi Widecke, Betreuer im Jugendcafé Rampenlicht, ging es an die Umsetzung. Die Akustikdämmung wurde angebracht, die Aufnahmekabine gebaut, und die Tür zum Flur erhielt eine „On air“-Aufnahmelampe. „Wenn das Licht in der Aufnahmekabine angeschaltet wird, flammt an der Tür zum Studio die Lampe auf“, sagt Jens, der als Elektriker-Auszubildender für Energie und Gebäudetechnik die Elektrikinstallationen übernahm. Dabei wurde eine ehemalige, nicht mehr benötigte Fluchtwegbeleuchtung zu der Aufnahmelampe umfunktioniert.
„Wer Fußball spielen will, braucht Fußballschuhe, wer Musik machen möchte, benötigt ein Studio“, sagt Sebastian Fritz von „Gutes beginnt im Kleinen“ und macht damit klar, warum der Verein das Projekt finanziell unterstützt hat. Er und sein Kollege Björn Schaper waren bei der Einweihung des Tonstudios sichtlich von dem Raum und dem technischen Wissen der 16- bis 23-Jährigen beeindruckt. Jeder kann das Studio ab sofort nutzen. Nutzer müssen allerdings eine Nutzungsvereinbarung unterschreiben und werden von Simon und Daniel zunächst fachlich begleitet. „Die Anlage ist einfach zu teuer, als dass jemand, der gar keine Ahnung von Aufnahmetechnik hat, dort allein arbeiten könnte“, sagt Tank.