Tönisvorst Im Notfall gibt es auch mal Klassik

Wer in Tönisvorst vom Handy aus die Nummer 112 wählt, landet schon mal in der Nachbarstadt Krefeld.

Foto: Bischof

Tönisvorst. Ratsherr Maik Giesen wollte helfen: Bei einem Verkehrsunfall an der Ecke Südring/Stockweg gab es vor etwa zwei Wochen einen Verletzten, der offenbar das Bewusstsein verloren hatte. Der Kommunalpolitiker war Augenzeuge, griff zum Handy, wählte den Notruf 112 — und landete in der Krefelder Notrufzentrale, die ihn nach Viersen durchstellte. „Dann hörte ich lange nur noch klassische Musik“, berichtet Giesen.

Der Unfallbeteiligte war zum Glück nur leicht verletzt. „Doch was wäre, wenn es um Leben und Tod gegangen wäre?“, fragt sich Maik Giesen. Auch ist ihm nicht klar, wieso sein Notruf nicht gleich in Viersen angekommen war. Der St. Töniser schaltete deshalb die CDU-Kreistagsfraktion ein, um das Problem mit der Notrufnummer an höchster Stelle klären zu lassen. In der heutigen Sitzung der zuständigen Kreisausschusses für Verbraucherschutz, Ordnung und Rettungswesen in Viersen liegen der Kreisverwaltung nun fünf Fragen dazu vor.

Auf Nachfrage erfuhr die WZ schon am Dienstag, dass vom 1. Januar bis zum 30. November rund 1700 Anrufe aus Tönisvorst bei der Notrufzentrale in Viersen eingegangen sind. „Nur etwa 70 Anrufe, also ein sehr geringer Prozentsatz, landete zunächst in Krefeld“, berichtet ein Sprecher der Kreisverwaltung.

Wie kann es überhaupt zu diesen Umleitungen kommen? Nach Auskunft des Kreissprechers handelt es sich ausschließlich um Handy-Anrufe aus dem Bereich zwischen Tönisvorst und Krefeld. Wenn sich der Anrufer zwischen zwei Funkmasten seines Anbieters befinde, lande er schon mal in der falschen Stadt.

Entscheidend sei, wie schnell der Notruf weiter verarbeitet werde. „Die erfolgreiche Weiterleitung erfolgt in der Regel innerhalb von fünf bis zehn Sekunden.“ Nur wenn alle Notrufnummern in Viersen besetzt seien, komme es zu kurzen Wartezeiten — die dem Anrufer naturgemäß endlos vorkämen, räumt der Kreis-Sprecher ein. Die klassische Musik, die er dabei höre, spiele die Krefelder Notrufzentrale ein. In mehr als 90 Prozent aller Fälle seien die Rettungskräft innerhalb von acht Minuten am Einsatzort.

CDU-Politiker Maik Giesen will sich mit dieser Antwort nicht zufrieden geben. 70 Anrufe im Jahr seien viel zu viel, wenn es um einen Notfall gehe, sagt er. Außerdem gebe es ähnliche Probleme auch in anderen Randbereichen des Kreises Viersen, zum Beispiel in Richtung Wegberg.

„Es kann doch nicht sein, dass der Geheimdienst NSA heutzutage jeden Anruf aus der ganzen Welt nachverfolgen kann, ein solches Problem aber nicht zu lösen ist“, sagt Giesen. Er selbst habe gut eine Minute auf die Weiterleitung gewartet — und so viel Zeit habe man bei manchen Notfällen eben nicht.