„Ihr macht das super!“ Das Lob, das Christine Schierbaum, Fachkraft der regionalen Sozialraumarbeit im Haus Anrode der Lebenshilfe Kreis Viersen, gerade ausgesprochen hat, lässt Lothar, Christa, Hans-Peter und Mason strahlen. In Zweierteams sind die vier damit beschäftigt, bunte, leichte Kunststoffbälle, die man normalerweise in Bällebädern sieht, in schwarze und graue Strumpfhosenbeine zu stecken. Ist ein Bein voll, wird jeder Ball einzeln mit einer Kordel abgebunden. „Das werden unsere Beine für die Spinnenkostüme“, erklärt Schierbaum und deutet auf das Modellkostüm, das als Anschauung dient.

Doch nicht nur hier wird fleißig gearbeitet. Im Souterrain vom Haus Anrode, wo normalerweise die Tagesbetreuung der Bewohner stattfindet, sind Menschen mit und ohne Handicap unterschiedlichsten Alters damit beschäftigt, Kostüme und Dekorationen für eine Premiere herzustellen: Gemeinsam basteln sie für den ersten inklusiven Karnevalswagen unter dem Motto „Bunte Natur“. „Wir haben im Haus schon viele tolle Projekte mit der Anrather Künstlerin Beate Krempe umgesetzt. Uns beiden kam dann die Idee eines inklusiven Karnevalswagens“, sagt Schierbaum.

Sie stellte einen Förderantrag bei der Aktion Mensch, Förderung für Kunst und Kultur, und erhielt einen Förderbeitrag von 10 000 Euro. Dieser wird für zwei Projekte aufgeteilt. Neben dem inklusiven Karnevalswagen wird sich die Lebenshilfe auch mit einem Happening beim Kinderfest zum Weltkindertag im Neersener Schlosspark einbringen.

Derzeit steht aber erst einmal der Karneval an erster Stelle. „Uns ist es wichtig, dass wir nicht etwas für Menschen mit Handicap machen, sondern dass wir gemeinsam etwas mit den Menschen machen. Wobei wir darauf achten, dass wir verschiedenste Angebote haben, um jedem eine Aufgabe bieten zu können, an der er oder sie auch aktiv mitmachen kann“, betont Krempe.

Diese Vielfältigkeit zeigt sich bei den Vorbereitungen für den Karnevalswagen. An den Tischen werden die unterschiedlichsten Angebote gemacht, bei denen sich jeder nach seinen Fähigkeiten einbringen kann. Die Vorbereitungen sind bereits im November gestartet. Nicht nur die Bewohner von Haus Anrode sind dabei. Auch weitere Bewohner aus den Einrichtungen der Lebenshilfe aus Wekeln, St. Hubert und Kempen sowie der familienunterstützende Dienst der Lebenshilfe machen mit.

„Den zwei mal vier Meter großen Hänger sowie einen Traktor bekommen wir vom Mönchengladbacher Garten- und Landschaftsbauunternehmer Tobias Nöhles gesponsert“, berichtet Krempe: „Den Mottowagenbau an sich begleiten mein Mann und der Mann von Christine bautechnisch. Wobei wir den Hänger eine Woche vor dem Zug erhalten. Bis dahin müssen alle Elemente fertig sein, die wir für unseren Wagen benötigen.“

Die Zeichnungen für den Wagenbau mit Maßangaben hat der Willicher Künstler Waleed Ibrahim gemacht. Zu den 3,50 Meter hohen Aufbauten gehören unter anderem Bienen und Libellen. Dazu kommen große Blumen. Die aus Holzplatten bestehenden Wände des Wagens werden mit entsprechenden Motiven bemalte. Neben dem Mottowagen werden auch Bollerwagen und Lastenräder mitziehen, die ebenfalls zum Motto passend geschmückt werden. Die ersten Elemente – unter anderem bunte Raupen, die in Luftballontechnik entstanden – sind bereits fertig. „Wir arbeiten bei unseren Treffen alles vor, sodass es letztendlich nur noch zusammengebaut werden muss“, sagt Schierbaum.

Lachen ist vom Tisch zu hören, an dem Ibrahim gerade auf Fleecedecken Schmetterlinge oder Marienkäfer malt, die danach von den anderen Teilnehmern des Karnevalsprojektes bunt ausgemalt werden. Mit einem Ausschnitt für den Kopf entstehen so aus den einfachen Decken fantasiereiche Kostüme. Ein Stück weiter ist das Wurfmaterial Thema. Mandana, Lenea, Zenedine und Darius bemalen kleine Tüten, die Rachel vorbereitet hat, mit fröhlichen bunten Motiven. „In diese Tüten werden wir Blumensamen abfüllen und beim Zug verteilen“, sagt Krempe. Alle sind sichtlich mit Feuereifer dabei und freuen sich auf den Zug in Anrath, wenn der erste inklusive Karnevalswagen mitrollt.