Nachts in der Backstube

Zur „Nacht des Backens“ hatte die Bäckerei Bölte in ihre Räume geladen. Dort gab es viel zu sehen.

<strong>St. Tönis. Normalerweise stehen Bäcker tief in der Nacht auf, um Brot und Brötchen zu backen oder um feines Back- und Naschwerk herzustellen. In den Backstuben wird Teig gemischt, der Ofen angeheizt, hart gearbeitet. Jetzt gab es für Bäckermeister Josef Wilhelm Bölte und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedoch eine ganze Nacht mit wenig Schlaf. Denn die Bäckerei an der Gelderner Straße lud zur Nacht des Backens ein und beteiligte sich an einer Aktion des Bäckerhandwerkes, die zum zweiten Mal abgehalten wurde.

Weil Brot nicht aus der Fabrik kommt

Warum man an der Aktion teilnahm, brachte die Chefin Sonja Bölte knapp auf den Punkt: "Damit man sieht, dass Brot nicht aus der Fabrik kommt!" Und so konnten viele interessierte Bürger den Mitarbeitern der Bäckerei Bölte bei der Arbeit mal über die Schulter schauen. Begrüßt wurden die Besucher, die schon vor Beginn der Nacht des Backens auf den Einlass warteten, nach ihrem Gang über den Roten Teppich unter anderem von der Fachverkäuferin Manuela Fox und der Auszubildenden Daniela Saheger. Mit Pasteten, die direkt aus der Backstube kamen, wurden die Gaumen der Gäste auf das Kommende eingestimmt. Und man konnte Fragen stellen. Fragen nach verwendeten Zutaten, nach verschiedenen Teigsorten, wie man Pasteten macht. Oder einfach nur zuschauen. Und hier hatte Josef Wilhelm Bölte eine Überraschung parat. Denn er kreierte passend zum Stadt-Slogan das Tönisvorster Apfelbrot. Ein festes Rezept hatte er bei der Kreation noch nicht im Kopf, aber am Ende nahm er Natursauerteig, je 50 Prozent Roggen- und Weizenmehl und noch - man ist ja die Apfelstadt am Niederrhein - Apfelfasern. Geformt wie ein Apfel ging das neue, fruchtig schmeckende Brot in den Ofen und feierte noch am späteren Abend eine gelungene Premiere. Neben der neuen Kreation konnten insbesondere die kleinen Besucher einiges erleben. Nicht nur, dass sie Plätzchen selber ausstechen oder schon mal mit Konditor Stefan Hölzl kleine Pasteten füllen durften. An einem Schokoladenbrunnen konnte genascht werden, und aus einem Holz-Backofen kamen immer wieder ofenfrische Flammkuchen. Die älteren Besucher unterhielten sich derweil mit dem Personal der Bäckerei, das eine Sonderschicht einlegte. Was Fachverkäuferinnen alles wissen müssen, wo die Unterschiede zu den Brotfabriken sind - und auch, wann Bäcker normalerweise aufstehen und mit der Arbeit beginnen. Für die Nacht des Backes sind zumindest die Bäcker nicht so recht zum Schlafen gekommen. Denn nachdem gegen Mitternacht die letzten Besucher die Backstube verlassen hatten, hieß es Grundreinigung - und dann Backen. Denn am frühen Morgen standen die Kunden wieder an der Theke. Und die Damen an der Theke, die auch eine lange Nacht hinter sich hatten, waren freundlich wie immer - die Backwaren gewohnt lecker. Nur, dass man jetzt etwas mehr darüber weiß, wie viel Arbeit in einem Brot steckt.

Premiere: Erstmals stattgefunden hatte die Nacht des Backens vor gut zwei Jahren. Zu den Pionieren gehörten etwa 230 Bäckereien in ganz Deutschland.

Minister: Schirmherr der Aktion ist Wirtschaftsminister Michael Glos. Der CSU-Politiker ist gelernter Müllermeister und damit dem Back-Handwerk sehr verbunden. "Mit mehr als 300 Sorten Brot und 1200 Sorten Kleingebäck - weltweit einzigartig -, versorgt und verwöhnt das Bäckerhandwerk anspruchsvolle und ernährungsbewusste Kunden", schreibt Minister Glos in seinem Grußwort.

Nachbarn Die Franzosen feiern bereits seit geraumer Zeit ihr "Fête du pain", das Fest des Brotes. So kamen auch die Deutschen auf die Idee, allerdings in anderer Form.