Schwere Zeiten für Vereine

Helmut Frantzen, Vorsitzender des DJK-VfL Willich, spricht über Hallengebühren, Nachwuchssorgen und Siegesprämien bei „Mission Olympic“

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Willich. Wenn es um den Sport in der Stadt Willich geht, kommt man an Helmut Frantzen nicht vorbei. Der 65-jährige ehemalige Lehrer führt seit 25 Jahren den DJK-VfL Willich als Vorsitzender an. Darüber hinaus kümmert er sich seit 27 Jahren beim Stadtsportverband um die faire Verteilung der Übungszeiten in den Sporthallen. Gerade bereitet er mit einem Organisations-Team seines Vereins und mit Olaf Starck vom Stadtsportamt die Sportlerehrung vor, die sein Verein am 23. Mai ausrichten wird. Die WZ sprach mit ihm.

Ihr Vater Jakob, nach dem ja auch die Halle im Sport- und Freizeitzentrum benannt ist, war ebenfalls lange Zeit Vorsitzender des VfL und des späteren DJK-VfL. War es für Sie eine Verpflichtung, in seine Fußstapfen zu treten?
Frantzen: Als mein Vater 1989 den Vorstandsposten aufgab, war ich bereits 20 Jahre Leiter der Tischtennisabteilung. Außer mir stellte sich damals niemand zur Verfügung, ich selbst traute mir das Amt zu — und schon war ich gewählt. Dabei ist es bis heute geblieben. Damals hatte der Verein rund 1100 Mitglieder, heute sind es fast 2500. Ohne die vielen Helfer — bei uns sind dies über 100 — ging so etwas überhaupt nicht.

Sie sind beim Stadtsportverband für die Hallenverteilung zuständig. Was halten Sie von möglichen Hallenbenutzungsgebühren?
Frantzen: Überhaupt nichts. Grundsätzlich sind die Aufgaben so verteilt, dass die Vereine den Sportbetrieb organisieren und die Stadt die Sportstätten zur Verfügung stellt. Wenn die Arbeit der Vereine durch die Einführung von Nutzungsgebühren erschwert würde, wäre dies kontraproduktiv. Durch die Übernahme der Schlüsselgewalt in allen Sporthallen und die dadurch bedingte Einsparung von Personalkosten bei der Stadt tragen die Vereine bereits zur Kostensenkung bei. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, verhalten sich die Vereine kooperativ und fair — besonders in Notsituationen, wenn Hallen, etwa bei Brandschäden, zeitweise geschlossen werden.

Sie waren 40 Jahre Lehrer an der Anrather Hauptschule. Und Sie haben als Übungsleiter viele Kinder und Jugendliche an den Tischtennis-Sport heran geführt. Was hat sich im Umgang mit den jungen Sportlern verändert?
Frantzen: Früher kamen die Jugendlichen in den Verein, übten eine Sportart aus, versuchten hier Leistungen zu erzielen und blieben der Sportart und dem Verein treu. Es entwickelten sich soziale Kontakte, Freundschaften. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl gibt es kaum noch. Der Verein wird heute als Dienstleister aufgefasst, der für optimale Bedingungen zu sorgen hat. Wenn etwas nicht passt, wird die Sportart oder der Verein gewechselt oder man geht ins Fitness-Studio.

Wie stark ist ein Verein heute von der Offenen Ganztagsgrundschule und vom geänderten Freizeitverhalten der Jugendlichen betroffen?
Frantzen: Es gibt zwei Probleme. Zum einen benötigen immer mehr Schulen zum Teil bis 18 Uhr Unterrichtszeiten in den Turnhallen. Dies schränkt das Sportangebot der Vereine ein. Das zweite Problem: Grundschüler, die täglich bis 17 oder 18 Uhr in der Schule sind, sind danach so erschöpft, dass sie nicht mehr zum Vereinssport kommen. Schon jetzt macht sich das in den Mitgliederzahlen in den Altersgruppen bis zehn Jahre deutlich bemerkbar. Ich befürchte, dass langfristig das System des organisierten Sports in Deutschland zerstört oder zumindest stark verändert wird und die Vereine zum Anbieter von Breiten- und Gesundheitssport verkümmern. Für Leistungssport gibt es keinen Platz mehr.

Was wären Alternativen?
Frantzen: Wenn die Vereine am Nachmittag eine Nutzungsgarantie in den Turnhallen bekämen, müssten sie ihr Angebot so organisieren, dass OGS-Kinder daran teilnehmen können. Sinnvoll ist dies aber nur, wenn die Kinder freiwillig daran teilnehmen und die Teilnahme bei Desinteresse von beiden Seiten kurzfristig beendet werden kann.

Aber Ihr Verein macht doch nachmittags in den Schulen Sportangebote.
Frantzen: Ja, trotz meiner Skepsis engagieren wir uns. So bietet der DJK-VfL in vier Willicher Grundschulen acht Sport-AGs an. Ich selbst habe das Angebot „Rückschlagspiele“ in der Kolpingschule übernommen.

Ihr Verein war bei „Mission Olympic“ 2012 sehr aktiv. Bei der Verteilung des Geldpreises hatte es zuletzt Unmut gegeben, vor allem beim Schwimmverein. War die Verteilung gerecht?
Frantzen: Dass alle zufrieden sind, wird es wohl nicht geben. Fair war die Verteilung der 35 000-Euro-Prämie insofern, dass die Vereine, Schulen, Kindergärten und andere Gruppen, die sich beteiligt haben, vom Gewinn profitierten — und zwar proportional zu ihrem Einsatz. Unser Verein hat den größten Anteil des Geldes erhalten, er hat aber auch mit Abstand die meisten Bewegungsangebote, nämlich 40, organisiert und war bei der Planung und Durchführung maßgeblich beteiligt. Wenn dies einem Verein nicht passt, der eine einzige Aktion durchgeführt hat, frage ich mich, warum hat er nicht mehr dafür getan, dass die Stadt Willich gewinnt. Gelegenheit dazu gab es genug.