Ausbildung Ausbildung auf Bauernhof ist ein Kraftakt

Willich/Tönisvorst. · Die 22-jährige Teresa Strüder ging ins Fitnessstudio, um Heuballen wuchten zu können.

Die St. Töniserin Teresa Strüder wollte schon als kleines Kind Landwirtin werden. Ihr Ziel ist die landwirtschaftliche Entwicklungshilfe.

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Teresa Strüder kennt sie alle mit Namen, die Kühe der Familie Zens auf dem Schauhof in Willich. Seit knapp acht Monaten ist die 22-Jährige Auszubildende auf dem Bio-Milchhof an der Dickerheide. Das erste Jahr ihrer Ausbildung hat sie auf einem Hof in Kleve absolviert. Die junge Frau packt überall mit an, melkt Kühe, repariert Maschinen, fährt mit den Treckern über die Felder, hat die Geburt von Kälbern erlebt und war bei der Getreideernte im Einsatz. „Die Arbeit wird nie langweilig, und das Aufgabengebiet ist sehr vielseitig“, sagt die Auszubildende, „außerdem ist es toll, immer draußen zu sein und so viel von der Natur mitzubekommen.“

Die 22-Jährige verwirklicht sich mit der Arbeit auf dem Bauernhof einen Traum, den sie schon als Mädchen geträumt hat. „Wir haben früher immer Bauernhof-Urlaub auf der Schwäbischen Alb gemacht“, erzählt die St. Töniserin, „und schon damals bin ich dem Bauern hinterhergelaufen und wollte mitarbeiten.“ Auch später blieb der Wunsch, eines Tages auf einem landwirtschaftlichen Hof zu arbeiten, bestehen. Das ist umso erstaunlicher, als dass Teresa Strüder selber nicht aus einer landwirtschaftlich geprägten Familie kommt.

„Es stimmt, die meisten in meiner Berufsschulklasse kommen vom Hof“, erzählt die junge Frau. „Und die meisten sind männlich“, fügt sie schmunzelnd hinzu. Auf Strüder trifft beides nicht zu, aber das ist nichts, was sie abschrecken würde. Ganz im Gegenteil: Weil es ihr im ersten Jahr der Ausbildung nicht gelang, die großen Heurundballen umzustoßen, damit sie abtransportiert werden können, ging die St. Töniserin ins Fitnessstudio und fragte die Trainer: „Welche Übung muss ich machen, damit ich genug Kraft habe, um Heuballen umzustoßen?“ Heute, nach einem Jahr Training, ist das für die Auszubildende kein Problem mehr.

Seit sie 16 Jahre alt ist, verfolgt Strüder ihr Ziel, Landwirtin zu werden, mit der ihr eigenen, konsequenten Art. „Ich hatte mich damals erkundigt, ob ich ein Jahr auf einer Alm leben und arbeiten könnte“, erzählt die 22-Jährige. Als sie erfuhr, dass sie dafür zu jung sei, bewarb sie sich stattdessen bei „Agriviva“, eine Organisation, die Jugendliche auf Bauernhöfe vermittelt, wo sie eine Zeit lang leben und arbeiten.

Zwei Wochen arbeitete Strüder auf einem Hof in der Schweiz

„Die Idee ist, jungen Menschen die Landwirtschaft nahe zu bringen und so Nachwuchs zu gewinnen“, erklärt Strüder, die zwei Wochen bei einer Schweizer Familie untergebracht war. „Wir haben das Heu mit der Hand geerntet, das hätte mich abschrecken sollen“, erinnert sie sich und lacht. Abgeschreckt hat es sie nicht, der Berufswunsch blieb bestehen.

Nach dem Abitur 2017 absolvierte die St. Töniserin Praktika bei verschiedenen Betrieben in der Region, die sich auf Biolandwirtschaft spezialisiert haben. „Das ist für mich die Zukunft und die einzig richtige Art, mit den Tieren und der Natur umzugehen“, sagt die 22-Jährige. Weil sich zu dem Berufswunsch Landwirtin mittlerweile das Interesse an Entwicklungshilfe gesellt hatte, ging sie 2018 ins westafrikanische Gambia: „Da habe ich ein bisschen in die Entwicklungshilfe reingeschnuppert und daran Gefallen gefunden.“

Deshalb soll der nächste Schritt auf dem Weg zum Traumberuf ein Studium der Agrarwissenschaften mit Schwerpunkt Entwicklungshilfe sein. „Das wird in Stuttgart angeboten und klingt sehr gut“, findet die junge Frau, die zwischen Ausbildungsende im Juli und Studienbeginn im nächsten Jahr noch ein halbes Jahr in Irland arbeiten möchte. „Ich will die Landwirtschaft dort kennenlernen und meine Englischkenntnisse verbessern“, sagt die engagierte Frau, die ganz nebenbei noch eine berufsbegleitende Ausbildung zur tiergestützten Intervention mit Bauernhoftieren absolviert.

Peter Zens vom Schauhof ist sehr zufrieden mit seiner Auszubildenden. „Teresa begeistert sich für die ökologische Landwirtschaft, bringt sich überall ein und ist sehr engagiert“, lobt der Landwirt. Für ihn und seine Frau Petra mache es keinen Unterschied, ob die Auszubildenden männlich oder weiblich sind. „Jeder hat andere Fähigkeiten, und unser Beruf bietet genügend Möglichkeiten, verschiedene Talente zu nutzen“, sagt Peter Zens. Für kommenden August hat er bereits Anfragen von zwei jungen Frauen, die bei ihm eine Ausbildung absolvieren wollen. wic