Willich „Viele respektieren unsere Rituale“

Redaktions-Praktikantin Nilüfer Öztürk (19) ist Muslima. Die Willicherin berichtet im zweiten Teil unserer Serie, wie sie die erste Woche des Fastenmonats Ramadan überstanden hat.

Foto: Lübke

Willich. Die erste Woche liegt hinter mir. Man sagt, das sei die anstrengendste Woche des Ramadan, da man sich an das Fasten gewöhnen muss. Meiner Meinung nach stimmt das zu 100 Prozent. Nicht nur wir müssen uns an die Situation gewöhnen, sondern auch unsere nicht-muslimischen Mitmenschen. Sie sind immer peinlich berührt, wenn sie mir etwas anbieten, ich aber dankend ablehne. Liebe Mitmenschen, uns macht es wirklich nichts aus, wenn Ihr vor uns esst oder uns aus Versehen etwas anbietet. Im Gegenteil, ich finde es schön, wie viele Menschen unsere Rituale respektieren. In einer Zeit, in der es so viel Hass gibt, zeigt mir das, wie stolz ich auf meine nicht-muslimischen Freunde und Kollegen sein kann.

Am Wochenende waren wir bei meinen Großeltern eingeladen. Mein Opa erzählte mir davon, wie er seine Fastentage unter schwersten Bedingungen im Kohlebergwerk durchstand. Es sei immer eine Überwindung gewesen, aber die meisten der Arbeiter waren Muslime, und das gab ihm den Halt, den er brauchte. Heute sind meine Großeltern zu alt fürs Fasten. Das ist auch nicht schlimm: Schwangere, Kranke, alte Menschen und Kinder sind von dieser Pflicht befreit.

Nach dem abendlichen Essen saßen meine Familie und ich noch ein wenig am Tisch. „Ich hatte noch nie bemerkt, dass es so viele Lebensmittelwerbungen im TV gibt ’’, sagte ich zu meinem Onkel. Er lachte und berichtete mir, dass im Geschäft, in dem er Elektrogeräte verkauft, auf den Fernsehern immer Werbespots für Gemüse gezeigt werden: „Ich hatte noch nie zuvor bemerkt, wie saftig Tomaten doch sind.“

Ja, das sind Dinge, die man viel bewusster wahrnimmt. Auch Gerüche, etwa von der Pizzeria neben der Redaktion in Kempen. Außerdem sollte man nie Einkaufen gehen, wenn man fastet: Man sieht so viele leckere Dinge, die man am Abend essen will, was aber nicht geht, weil man sich nach dem ersten Schluck Wasser so voll fühlt, als hätte man den ganzen Tag gegessen. Aber auch das alles nimmt diesem Monat nicht das Magische.