Weihnachtssingen: „Leise rieselt der Schnee“ bei etwa 15 Grad

Das Wetter konnte den Teilnehmern der traditionellen WZ-Aktion in der St. Töniser Innenstadt nicht die Laune verderben.

Foto: Kurt Lübke

St. Tönis. Das Weihnachtssingen in der Fußgängerzone am letzten Donnerstag vor Heiligabend hat Tradition. „Ich habe mich bei der Ankündigung auf einem Bild von 2009 erkannt, da war ich auch schon dabei“, erzählt ein Hobby-Sänger, der sich gestern pünktlich um 11 Uhr eingefunden hat, um zum spontanen Weihnachts-chor zu gehören.

Und dass dieser Chor — trotz einiger Haspler bei dem Lied „Fröhliche Weihnacht überall“ — richtig gut ist, dafür spricht zum einen der herzliche Applaus, den die mehr als 30-köpfige Gruppe immer wieder von Passanten bekommt. Und zum anderen die Frage einer interessierten Bürgerin, die nach der Aktion an den Tisch der WZ tritt und wissen möchte, von welchem Chor oder von welcher Gemeinde das denn organisiert wurde.

Zuständig für den guten Ton ist diesmal WZ-Mitarbeiterin Tabea Beckers an der Querflöte. Und los geht es, wie jedes Jahr, mit dem „Alle Jahre wieder“. Schnell müssen mehrere Sänger zusammen in ein Liedblatt schauen. Immer wieder sieht man auch, wie sich die Lippen der Vorübergehenden bewegen. Sie singen mit, auch wenn sie keine Zeit haben, stehenzubleiben.

Die aber, die stehenbleiben, wachsen in Windeseile zu einer Gemeinschaft zusammen. Bei „Kommet, ihr Hirten“ spenden die Passanten um 11.15 Uhr zum ersten Mal herzlichen Applaus. Und auch aus den Schaufensterscheiben der gegenüberliegenden Geschäfte schauen Menschen. „Ich wünsche mir ,Kling Glöckchen’“, sagt ein Besucher des WZ-Standes, der ein Liederheft aus einem der vergangenen Jahre mitgebracht hat. Und tatsächlich klingt das vielstimmig sehr schön.

Der WZ-Chor stellt auch unter Beweis, dass man bei Temperaturen, die sich auf 15 Grad zubewegen, „Leise rieselt der Schnee“ singen kann. Bei „Ihr Kinderlein kommet“ haben die Redakteure Kerstin Reemen und Werner Dohmen bei der Zusammenstellung des Liedblatts tief in die Trickkiste gegriffen: Sie haben eine Version mit sechs Strophen gefunden. Da müssen am Ende selbst eingefleischte Chorsänger bekennen, dass sie die letzten beiden Strophen noch nie gehört haben.

Dann kommen die ersten Gedichte. „Denkt Euch, ich habe das Christkind gesehen“ können tatsächlich alle mitsprechen. „Markt und Straßen stehen verlassen“ verliert kurz vor Schluss ein paar Stimmen. „Ist denn schon wieder Weihnachten?“ kann niemand aufsagen. „Das habe ich ja auch gestern erst gedichtet“, sagt Rolf Giesen, der es kurzerhand selbst vorträgt (siehe Kasten).

Irmgard Valentin (77) reicht ein Blatt mit einem Gedicht nach vorn. Es sei sehr schön, aber sie suche noch jemanden, der rezitiert. Es geht um „Weihnachten im Wandel der Zeit“. Das macht alle sehr nachdenklich, vereinzelt fließen sogar Tränen.

Beim traditionellen Schlusslied „Stille Nacht“ gibt der Chor noch einmal alles. Jetzt kann Weihnachten kommen.