WZ vor Ort: Wer küsst Anrath endlich wach?

Kirche und Kneipe: Anraths Ortsmitte beschäftigt die Rollende Redaktion.

Anrath. Schön ist anders. Der Platz um die St. Johannes-Kirche in Anrath "hätte es mal nötig" - um’s niederrheinisch auszudrücken. Die Westdeutsche Zeitung hatte den Zustand des Areals zum Umfragethema gemacht und sich mit dem Team der Rollenden Redaktion dort postiert. Und die Anrather ließen sich nicht lange bitten, sie erschienen in Scharen.

"Der Weggang des Penny-Marktes war ein großer Verlust. Dabei kommt es doch gar nicht immer auf die vielen Parkplätze an", sagt Werner Oerschkes. Die Stadt müsse seniorengerechter werden. "Das Auto wird in zunehmendem Alter unwichtiger, das Einkaufen nicht." Oerschkes schlägt vor, dass die Eigentümer des ehemaligen Discounters und der alten Kneipe sich zusammentun.

"Es sieht hier furchtbar aus, richtig verkommen", ärgert sich Hannelore Gau. Sie sieht zwei Lösungsmöglichkeiten: "Sanieren oder abreißen." "Verschiedene alte Gebäude sind wirklich schlimm", pflichtet ihr Luise Zeller bei. Ihre oberste Forderung: "Wir brauchen einen Supermarkt hier."

"Es wäre schön, wenn wir ein Café hier hinbekämen. Für Jung und Alt", fordert Liselotte Strahlen. Gerade am Wochenende vermisst sie einen solchen Ort. "In Kempen gibt es so etwas."

"Die ehemalige Gaststätte Knabben stört am meisten", findet Karin Schwelm, die sich in der Senioren-Arbeit engagiert. "Vielleicht müsste man auf die Besitzer mehr Druck ausüben", sagt sie und sieht die Stadt in der Pflicht. Es gebe schließlich Entwürfe. "Dass sich da nichts bewegt..."

"Es wäre schöner, wenn das hier belebter wäre", findet Simone Braunger. Die junge Mutter vermisst vor allem ein Geschäft mit Kindersachen. "So muss ich immer nach Viersen fahren."

"Schön ist es nicht, aber wenn sich für ein Objekt kein Käufer findet, was soll man machen?" Bärbel Jerneitzik zuckt mit den Schultern. "Jede Lösung muss ja auch finanzierbar sein."

"Ich selbst habe mich schon mal für die ehemalige Gaststätte interessiert und habe die Erbengemeinschaft angerufen", erzählt Schreiner Heinz Zoonz. "Aber die wollten einen viel zu hohen Preis."

"Das Problem ist, einen Investor zu finden", erklärt Willi Leven. Und dann sei eine Sanierung oder ein Neubau womöglich so teuer, dass man das Geld über die Miete nie reinholen könne.

"Als altem Anrather tut es mir schon weh, wenn ich sehe, wie hier alles heruntergekommen ist. In dem Saal von Knabben habe ich meine Jugend verbracht", erinnert sich Heinz Peters. Er hat die Idee, in dem Bereich ein "betreutes Wohnen" einzurichten. Das klappe in Holland auch. Aber: "Die Stadt will teuer Grundstücke verkaufen. Wenn sie sie selbst haben will, aber nichts dafür bezahlen."

"Die Kneipe kann man nie mehr aufmachen. Diese Pacht kann niemand bezahlen", sagt Karl Sehrbrock. Auch er ärgert sich über die Stadt: "Anrath ist ein Stiefkind."

"Es muss dringend etwas gemacht werden", weiß auch Dieter Lambertz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU. Die Mittel hätten schon im Haushalt gestanden. Man habe mit Rücksicht auf das Jubiläum 2010 keine Baustelle in Kauf nehmen wollen. "Danach geht es aber definitiv los", verspricht er. "Die Lieblichkeit Anrath muss man sichtbar machen."

Agnes Rolshoven wünscht sich vor allen Dingen eins für den Anrather Kirchplatz: mehr Ambiente. "Es wäre schön, wenn der Kirchplatz ein richtiger Treffpunkt wäre. Die Stadt müsste dafür die Attraktivität erhöhen, dann würden sich hier auch wieder Geschäfte ansiedeln."

"Es stellt sich die Frage, wer hier wen wachküssen soll, damit etwas passiert", unkt Hans Eßer. In der Ecke hinter der Kirche geschehe einfach nichts. Dazu komme, dass Penny weg sei und Commans Damenmode schließe.

Der Schmutz ist es auch, der Heinz Linden am meisten stört, während die 80-jährige Seniorin L. Bremer von einer Ruine hinter der Kirche spricht. "Wo leben wir hier? Alles zieht auf die grüne Wiese und die Ortskerne verkommen", empört sich Bremer.

Dass man Innenstädte mit kleineren Flächen auch beleben kann, das weiß Lothar Kleitel. "In Holland gibt es mitten in der Innenstadt unterirdisch angelegte Großsupermärkte. Es muss doch auch hier Lösungen geben", ist er überzeugt.

Empört "Mit mir hat bislang noch niemand von der Stadt gesprochen. Ich bin ungehalten darüber, dass die Verwaltung behauptet, sie hätte bereits mit allen Besitzern kommuniziert", empört sich Gerda Genings.

Eigentümerin Genings ist eine der Eigentümerinnen der Grundstücke am Kirchplatz. "Die Stadt plant auf unserem Grundstück Parkplätze anzulegen. Es wäre schön, wenn meine Tochter und ich darüber informiert worden wären und nicht durch Zufall davon erfahren", sagt die Anratherin.

Abfall Dass ihr Grundstück eine Müllhalde sein soll, weisen Gerda Genings und Tochter Sandra von sich. Das Problem sei die Bushaltestelle. Die Wartenden werfen ihren Müll einfach auf die Erde und über den Zaun.