Lesung mit Fritz Karl im Schumann-Saal Er spielt, was er liest
Düsseldorf · Fritz Karl schlüpfte bei seiner Lesung im Robert-Schumann-Saal in fünf Rollen.
Wenn der Schauspieler Fritz Karl im Düsseldorfer Robert-Schumann-Saal auftritt, ist dies stets ein Garant für ein volles Haus. So war es auch dieses Mal wieder. Bereits zum siebten Mal gastierte er in der Reihe „Zweiklang! Wort und Musik“ in Düsseldorf. Bei seiner Rezitation des Stefan-Zweig-Romans „Ungeduld des Herzens“ von 1938 begleitet ihn Anna Starzinger am Violoncello. Mit langsamem Bogenstrich öffnet sie Fritz Karl die Tür zu seiner Geschichte. Schon mit den ersten Worten vermag er das Publikum zu fesseln. Sein Kunstgriff: Er liest nicht nur vor, er spielt, was er liest. Virtuos schlüpft er in fünf Figuren und macht sie mit seiner Sprache lebendig.
Schnell taucht man mit ihm in die Handlung. Schauplatz von „Ungeduld des Herzens“ ist eine Garnisonsstadt an der österreichisch-ungarischen Grenze. 1913, in den letzten Tagen der Donaumonarchie, erhält der junge Leutnant Anton Hofmiller eine Einladung zu einem Fest bei dem reichen Baron Kékesfalva. Es wird getanzt, arglos fordert der Gast aus purer Höflichkeit die Tochter des Hauses auf, ein zartes, fragiles Wesen mit nervösem Gesicht: „Darf ich bitten, gnädiges Fräulein?“ Nur kurz hatte er sie zuvor wahrgenommen. Auf seine Offerte folgt ein Schluchzen, ein wilder, elementarer, erstickter Schrei. Als Hofmiller erfährt, dass Edith gelähmt ist, stürzt er fort aus dem höllischen Haus. An dieser Stelle setzt wieder das Violoncello ein und macht des Leutnants Panik hörbar.
Diese feinfühlige Kombination von Text und Musik zieht sich durch den gesamten Abend. Anna Starzinger, ausgebildet an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, ist gleichzeitig Komponistin. Dadurch ergibt sich ein perfekt ausbalanciertes Gesamterlebnis. Gebannt lauscht man der Lesung und freut sich jedes Mal auf die musikalische Ergänzung der Handlung, die ihren verstörenden Fortgang nimmt.
Mit einem Blumenstrauß bittet Hofmiller um Verzeihung für seine Taktlosigkeit. Zu seinem Erstaunen wird er von Edith zu einem erneuten Besuch aufgefordert. „Ich bin leider immer zu Hause“, schreibt sie. Das Wiedersehen erscheint ihm fatal. Wie sie da so sitzt, die Pelzdecke auf dem Schoß, sprunghaft plappernd und von merkwürdiger Unruhe, beschleicht ihn ein Unbehagen. Bald wird klar, dass Edith ihn liebt und sich in ihrem Elend an diesen Anker klammert, Hofmiller gar als Erlöser sieht. Er jedoch bringt nicht mehr als Mitleid für sie auf.