Platznot im Tierheim
Auf kleinstem Raum müssen die Helfer derzeit mehr als doppelt so viele Katzen unterbringen. Viele Kleinhunde werden abgegeben.
Mönchengladbach. "Die Situation ist dramatisch." In der Stimme der Tierheimleiterin Charlotte Kaufmann schwingt Verzweiflung mit.
Das Katzenhaus ist völlig überbelegt. Räumlichkeiten, die für zirka dreißig Katzen ausgerichtet sind, sind mit derzeit 75 Tieren schlicht überfüllt.
Katzen in Büroschränken, auf Regalen, unter einem Schreibtisch, auf dem Empfangs-Tresen und Kopierer. "Ich bin eigentlich kein Mensch, der schnell die Nerven verliert, aber wenn schon wieder jemand mit einem Katzenkorb vor unserer Tür steht, dann frage ich mich, wie das gehen soll", sagt Kaufmann, die jetzt plant, die hauseigene Hundequarantäne zum Teil für die Katzen herzurichten.
Für einen Neubau auf dem Tierheimgelände fehlt das Geld. Seit Beginn der Sommerferien hat sich die Situation zugespitzt.
Dann häufen sich die Fundtiere: ausgesetzt, verlassen angeleint, in Boxen vor das Tierheim-Tor gestellt. "Jetzt kommen auch vermehrt kleine Hunde zu uns."
Wie beispielsweise Jack-Russell-Mischling Arielle oder der sechsjährige Mischling Mario - klassische Fundtiere. Nicht selten bringen Tierhalter ein vermeintliches Fundtier, obgleich das Tierheim-Team allen Grund hat, zu vermuten, dass es eigentlich das eigene ist.
Manchmal sind es "Weihnachtsgeschenke", die dann in der Urlaubszeit abgeschoben werden.
Doch warum ist gerade die Katzenpopulation im Gladbacher Tierheim so explosionsartig angestiegen? "Das liegt nicht nur an den vermehrten Fundtieren, sondern auch an der stockenden Vermittlung", weiß Kaufmann.
Für die meisten sieht die Urlaubsplanung nicht vor, im Moment ein Tier anzuschaffen. Hinzu kommt ein weiteres Phänomen, über das Kaufmann spricht:
Wenn die Halter freilaufender Katzen in die Ferien fahren, suchen die Tiere oftmals Orte auf, an denen sie sich sonst nicht aufhalten, in der Hoffnung Menschen zu finden, die Streicheleinheiten für sie übrig haben.
Meist handelt es sich um gut genährte Tiere. "Die Katzen werden zwar versorgt, vermissen aber ,ihre’ Menschen und suchen woanders - mitunter klagend - ein bisschen Anschluss."
Solche Katzen bringen sorgsame Tierfreunde voreilig ins Tierheim. Manchmal sogar mit der Begründung, dass die Katze kein Halsband hat, was bei heutiger Chip-Registrierung nicht bedeuten muss, dass Mieze herrenlos ist. Die Leiterin schüttelt den Kopf. "Das ist überreagiert."
Auch Heim-Gast Moritz, ein hübscher schwarz-weißer Kater, kann ein Freigänger gewesen sein, der ein Zuhause hatte. Doch jetzt ist er zur Vermittlung freigegeben und sucht Katzenfreunde.
Falsch sei es auch, fremde Katzen zu füttern, da es vielleicht nur bestimmtes Futter verträgt oder der Tierhalter auf eine Krankheit schließen könnte, wenn Mieze zu Hause nicht mehr frisst.
Der Fall liegt anders, wenn es sich um ein unterernährtes, erschöpftes oder verletztes Tier handelt. Dann sei der Einsatz lobenswert, so Kaufmann.
Doch nicht nur Katzen, sondern auch über 80 Kleintiere wie Chinchillas, Kaninchen, Meerschweinchen und Degus warten auf ein neues Zuhause. Und insgesamt 35 Hunde suchen neue Herrchen und Frauchen.