Hochansteckende Viruserkrankung in Dormagen Sorge wegen der Tierseuche
Dormagen · Noch gibt es keinen Verdachtsfall in Dormagen: Doch Schäfer Stephan Offer bereitet sich vor. Denn die Seuche könnte schneller da sein als gedacht.
„Im Moment haben meine Schafe und Ziegen nichts, aber das kann sich schnell ändern“, sagt Stephan Offer. Er setzt nicht nur Gartenträume als Landschaftsgärtner um, sondern betreibt auch Naturschutz mit Schafen – etwa am Wahler Berg. Besonders aufmerksam verfolgt er die Nachrichten aus Brandenburg, wo die hochansteckende Maul- und Klauenseuche (MKS) bereits aufgetreten ist. Er ist damit nicht alleine, auch andere Tierhalter sind in Sorge.
„Ich habe mich bereits am Dienstag mit der Biologischen Station abgestimmt, die ebenfalls Schafe für Beweidungsprojekte hält und um die ich mich auch kümmere. Auch dort steht die potenzielle Bedrohung im Fokus“, erklärt Offer. Ein erster Maßnahmenplan sei bereits erstellt. Eine hat Offer bereits umgesetzt: Zugang zu seinen Ziegen und Schafen haben ab sofort nur noch zwei Personen. „Nur diese dürfen in die Stallungen oder auf die Weide – und sie müssen dabei ihre Stiefel ausziehen und anderes Schuhwerk anziehen.“ Das Virus kann nämlich auch über die Kleidung von Menschen übertragen werden. Andere Mitarbeiter dürfen die Weiden nicht mehr betreten und lediglich entlang der Zäune prüfen, ob mit den Tieren alles in Ordnung sei. Diese Kontrollen erfolgen weiterhin täglich. Dennoch betont Offer: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Hinzu kommt, dass einige von Offers Tieren noch immer mit den Folgen der Blauzungenkrankheit zu kämpfen haben. „Manche sind einfach noch nicht richtig fit“, sagt er. Das Bluetongue-Virus (BTV3) war im Juli auch in Dormagen aufgetreten.
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) verläuft bei den meisten erwachsenen Tieren zwar nicht tödlich, führt aber zu einem erheblichen Leistungsabfall. „Neben hohem Fieber, Appetitlosigkeit und Apathie entwickeln sich typische Blasen im Maul, auf der Zunge, an den Klauen und Zitzen. Klinisch ist die Erkrankung nicht von anderen vesikulären Krankheiten zu unterscheiden. Daher ist die Labordiagnostik entscheidend, um Verdachtsfälle abzuklären“, erklärt Benjamin Josephs, Sprecher des Rhein-Kreises Neuss.
Das Virus werde etwa durch infizierte Tiere oder deren Erzeugnisse übertragen. Es könne sich aber auch über große Entfernungen durch die Luft verbreiten. „Tiere, die von der Krankheit genesen sind, können über längere Zeit Träger des infektiösen MKS-Virus bleiben“, so Josephs.
Für Tierhalter wie Stephan Offer ist die Tatsache, dass seine Tiere unbemerkt das Virus sehr lange in sich tragen könnten, besonders kritisch. „Schafe könnten zu tickenden Zeitbomben werden. Das möchte ich natürlich verhindern“, sagt er. Auch Peter Norff, Betreiber des Eselparks Zons, hat bereits erste Maßnahmen ergriffen. „Besucherinnen und Besucher dürfen nicht mehr zu unseren beiden Schweinen Carla und Boris“, berichtet er. Gleiches gelte für Ziegen und Schafe. Zusätzlich sei die Versorgung der Schweine auf eine einzige Person beschränkt worden, und um die gefährdeten Tiere wurden Schutzzäune gezogen.
Eine der größten Sorgen der Tierhalter ist das sogenannte „Keulen“. Damit ist das Töten von Nutztieren gemeint, um eine Ausbreitung des Virus zu verhindern. „Ist in einem Betrieb auch nur ein Tier erkrankt, werden alle Tiere getötet, um die Verbreitung des Virus zu stoppen. Ställe und Transporter müssen zudem aufwendig desinfiziert werden, da das Virus extrem widerstandsfähig ist und monatelang auf Böden, Gegenständen oder im Stroh infektiös bleiben kann“, erklärt Benjamin Josephs. Im Fall von Offer, der einen großen Bestand hat, wäre dies eine Katastrophe.
Bis 1991 war es in der EU verpflichtend, Rinder gegen MKS zu impfen. Allerdings können geimpfte Tiere das Virus weiterhin in sich tragen und über Jahre ausscheiden. Aus diesem Grund wurde die Impfung in der EU verboten. „Auch andere Therapiemaßnahmen sind nicht zugelassen“, so Josephs, das sei der Hintergrund, warum in Betrieben leider alle Tiere getötet werden, wenn auch nur ein einziges erkrankt ist.