Wegen Sozialkürzungen im NRW-Haushalt Diakonie stellt Flüchtlingsberatung ein

Grevenbroich · Die Landesregierung hat den Sozialhaushalt für 2025 deutlich gekürzt. Das hat auch Auswirkungen für die Wohlfahrtspflege in Grevenbroich. So können Diakonie und Caritas wesentliche Teile ihrer Programme zur Flüchtlingshilfe nicht weiter fortsetzen.

In Grevenbroich leben über 2100 Flüchtlinge. Viele in Unterkünften wie hier in Frimmersdorf.

Foto: Kandzorra, Christian

. (jad) Der für 2025 beschlossene Haushalt der schwarz-grünen Landesregierung hat eine große Lücke in den Sozialbereich gerissen – etwa 43 Millionen Euro weniger stehen nun für Kommunen und soziale Dienste in der Wohlfahrtspflege zur Verfügung. Auch die Einsparmaßnahmen und -pläne auf Bundesebene haben bereits spürbare Folgen in Kreis und Stadt hinterlassen. Ursprünglich waren sogar doppelt so hohe Einsparungen geplant. Dennoch schlagen soziale Verbände wie Awo, Caritas, der Paritätische seit Monaten Alarm.

Im Grevenbroicher Sozialausschuss referierte zuletzt Andre Fitzner von der Diakonie im Rhein-Kreis Neuss darüber, welche Folgen die Millionenkürzung haben wird und bereits hat. „Auch in Grevenbroich mussten wir im Förderbereich der Regionalen Flüchtlingsberatung leider das Angebot einstellen“, sagt Fitzner. Die Eigenmittel, die die Diakonie einbringen musste, seien immer größer geworden. „Wir haben uns schweren Herzens dazu entschieden, aus der Beratung auszusteigen“, sagt der Geschäftsfeldleiter der Diakonie-Familien- und Jugendhilfe.

Auch andere Bereiche, in denen die Diakonie in Kreis und Kommune aktiv ist, wie Altenhilfe, Familienberatung, Inklusion, Suchthilfe und die Unterstützung von Frauenhäusern, seien von den Kürzungen unmittelbar betroffen. Andre Fitzner kritisiert: „Es ist von der Landesregierung sicherlich zu kurz gedacht, insbesondere Mittel für präventive Angebote zu kürzen. Denn am langen Ende sind die nachgelagerten Kosten deutlich höher als frühzeitig in die Unterstützung, vor allem der schwächeren Bevölkerungsgruppen zu investieren.“

Am Beispiel der niederschwelligen Beratung in Familienzentrum werde dies deutlich: „Die Zielgruppe wird den Weg in die Beratungsstellen nicht von alleine finden und so keine frühzeitige Beratung und Unterstützung in Erziehungsfragen erhalten.“ Die Folgekosten beispielsweise für eine Aufsuchende Erzieherische Hilfe seien „x-fach teurer als eine gute Beratung in Familienzentren“, so Fitzner. Ähnlich verhalte es sich etwa mit den Angeboten der insolvenz- und Schuldnerberatung – „auch hier ist eine frühzeitige Beratung Gold wert, um Folgekosten und deutlich höhere Verschuldungen zu vermeiden.“

Auch auf die gesellschaftliche Integration von Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund werde durch den Wegfall der Unterstützung „noch weiter erschwert“. Die Menschen seien nun auf sich alleine gestellt, was dazu führe, dass sie überwiegend unter sich blieben. „Das kann ja auch nicht im Sinne der Landesregierung sein“, sagt Fitzner.

Axel Küppers, Sprecher der Caritas im Rhein-Kreis Neuss betont ebenfalls die „gravierenden Auswirkungen“ der Sozialhaushaltskürzungen, die nun insbesondere bei den Programmen zur Flüchtlingshilfe negative Wirkung zeigen. So sei die Förderung für das Bundesprogramm „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ zum neuen Jahr gänzlich eingestellt worden. Der Caritas-Fachbereich für Integration und Migration (FIM) hatte im Rahmen dieses Projektes in Grevenbroich und im Kreis Integrationsangebote für Geflüchtete geführt wie etwa Sprachkurse oder stellte Erstansprechpartner bei Problemlagen.

Ursprünglich sollte das einst vom Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) initiierte Projekt in der kommenden Förderperiode mindestens weitere fünf Jahre lang finanziell unterstützt werden. Diese Unterstützung werde seit Anfang 2025 nicht fortgeführt. „Die Erschütterung über den Wegfall der Förderung ist sehr groß. Ein wesentlicher Baustein der zivilgesellschaftlichen Demokratieförderung der Caritas im Kreis fällt nun weg“, so Küppers.

Andre Fitzner befürchtet, dass es zu einer Zementierung der nun herrschenden infrastrukturellen Verhältnisse im Sozialbereich kommen könnte. „Wenn die Beratungs- und Hilfsangebote erst einmal weggefallen sind, wird es in Zukunft umso schwieriger, diese Strukturen wieder aufzubauen – auch wenn der Haushalt es in einigen Jahren wieder hergeben sollte.“