Rhein-Kreis Neuss: „Taifune“ unter dem Hallendach

Die Jüchener Firma Vieser baut Sport- und Rennboote. Das Unternehmen hat seit fast 40 Jahren einen Namen auf dem Markt.

Rhein-Kreis Neuss. "Taifun", "Tornado", "Blizzard" oder "Moskito". Die Namen sind Programm an der Neusser Straße 114 in Jüchen. In der Firmenhalle der Firma Vieser werden Sportboote gebaut, verkauft und gewartet. Und die bringen bis zu 200 Pferdestärken aufs Wasser. "Das ist in diesem Bereich das stärkste, was es gibt", erklärt Geschäftsführerin Gabriele Meiners. Die 49-Jährige ist Tochter des vor zwei Jahren verstorbenen Firmengründers Walter Vieser, der selbst einmal mit der Geschwindigkeit von Taifunen oder Tornados über das Wasser gerast ist. In den 60er und 70er Jahren stellte der gelernte Elektriker auf europäischen Gewässern jahrelang Welt- und Europarekorde auf und heimste Deutsche Meistertitel ein. Natürlich in selbst gebauten Booten. Das erfolgreiche Hobby wurde zum Beruf. Vieser machte sich als Düsseldorfer Unternehmer im Bootsbau selbstständig und konstruierte seine schwimmenden Flitzer auf einem Bauernhof zwischen Kaarst und Osterath. Neue Umweltverordnungen ließen es dann nicht mehr zu, die Boote auf dem Gehöft herzustellen. 1992 folgte der Umzug in die neue Halle im Jüchener Gewerbegebiet. "Wir gehörten zu den ersten Unternehmen hier", erinnert sich Gabriele Meiners. Ihr Vater sei damals zwar schon 60 Jahre alt gewesen, habe es aber noch einmal wissen wollen. Und so habe er beruflich - wie früher in den Jahren als Rennbootfahrer - noch einmal richtig Gas gegeben.

Rennboote werden nur noch für die Einsteiger gebaut

Allerdings wehte auf dem Markt bald ein anderer Wind. Die Nachfrage nach Rennbooten ließ immer mehr nach, heute wird vereinzelt nur noch für die Einsteigerklasse (Jugendliche ab 16 Jahre, die mit ihren Booten etwa 80 Stundenkilometer schnell sind) produziert. Auch Sportboote sind nicht mehr so gefragt wie früher: 70 bis 80 Wasserfahrzeuge wurden bei Vieser in guten Jahren hergestellt, heute sind es etwa 30. Darunter sind auch bereits fertige Motorboote einer französischen Firma. Die kleinsten Fahrzeuge aus dem Hause Vieser sind 2,80 Meter kurz und werden häufig als Beiboot eingesetzt, die größten sind acht Meter lang. Die Preisskala: von 2800 bis 40 000 Euro. Darin enthalten sind auch die Innen- oder Außenbordmotoren, die nicht aus Jüchen kommen, aber dort gewartet werden können. "Wir favorisieren Yamaha, weil die in Neuss ansässig sind", erläutert die Geschäftsführerin. Der Vorteil für die Kunden: Anlieferung und Service seien dadurch am schnellsten, meint die gelernte Rechtsanwaltsgehilfin, die von ihrer Tochter Nadine im Büro unterstützt wird. In der Werkstatt arbeiten Horst Möller und Heinz-Willy Maassen. Sie bauen die Boote aus glasfaserverstärktem Polyester. Die Arbeitsmethode: Mehrere Schichten des Materials werden in genormte Formen für Rumpf oder Deck aufgebracht. Später wird die Form von dem ausgehärteten Material getrennt und beim nächsten Bau erneut eingesetzt. Wesentlich ist heute aber nicht nur der Bootsbau. Auch Boote von anderen Herstellern werden bei Vieser inspiziert, gewartet und über den TÜV gebracht. Das Haus muss flexibel sein, die Konkurrenz insbesondere in Amerika ist groß - das Angebot ist durch das Internet transparent geworden. Doch auch das Freizeitverhalten hat sich geändert und sorgt für Einbußen. "Die Leute nehmen nicht mehr so viel Urlaub an einem Stück wie früher", erläutert Gabriele Meiners. Das führe dazu, dass logistische Planungen mit Anhänger und Boot bei der Fahrt in die Ferien vermieden werden. 14 Tage wolle man nicht noch mit der Suche nach einem Liegeplatz verkürzen.