Stammzellenspende: Einmal Hölle und zurück

Kalli Neuhausen hat nach zwei Jahren seinen Lebensretter kennen gelernt: Arnd Bednarzik.

Langst-Kierst. Karl-Josef "Kalli" Neuhausen hat drei unendlich schwere Jahre hinter sich. Im Juli 2004 stellt man bei ihm akute Leukämie fest. Seitdem kämpft er gegen die Krankheit an. Nur eine Stammzellentransplantation durch einen passenden Spender kann sein Leben retten.

Seine Kollegen und Freunde der Feuerwehr Meerbusch beschließen zu helfen und starten im September 2004 eine groß angelegte Typisierungsaktion. Außerdem fordern sie die Bevölkerung zu Geldspenden auf: 80 000 Euro kommen so zusammen. Am 14. November 2004 wird die Typisierungsaktion mit 150 Helfern auf dem Gelände der Pastor-Jacobs-Grundschule in Lank durchgeführt. 1547 Personen lassen sich Blut abzapfen und in die Datenbank der Deutschen Knochenmarkspenderdatei DKMS aufgenehmen.

Szenenwechsel: Im Sommer 2004 erfährt der Essener Arnd Bednarzik, der seit zirka 15 Jahren in der Knochenmarkspenderdatei der DKMS registriert ist, von der Erkrankung des Meerbuschers. "Ich war ganz schön überrascht, als nach so langer Zeit jemand in meinem Büro anrief und mir mitteilte, ich würde als Spender in Frage kommen", erzählt Bednarzik. Nach weiteren Untersuchungen der Blut- und Gewebemerkmale Bednarziks und einem Gesundheitscheck werden ihm im Herbst 2005 Stammzellen entnommen.

Entscheidend für eine Stammzellspende ist die Übereinstimmung von mindestens sechs Gewebemerkmalen zwischen Spender und Empfänger, damit die Fremdzellen im Körper nicht abgestoßen oder bekämpft werden. "Es ist wie ein Sechser im Lotto mit Zusatzzahl", sagt der Sprecher der DMKS, Malte Wittwer.

Am 26. November erhält Neuhausen die potenziell lebensrettenden Stammzellen seines Spenders. Eine Bestimmung der DKMS ist die absolute Anonymität zwischen Spender und Empfänger in den ersten zwei Jahren. So erfuhr Bednarzik nichts über den Verlauf der Krankheit bei Neuhausen auf der anderen Rheinseite.

Kalli Neuhausen geht es nach der Transplantation den Verhältnissen entsprechend gut, er hofft, den Krebs besiegt zu haben. Doch im April 2005 erhält er die ihn und seine Familie schockierende Nachricht, dass die Leukämie wieder ausgebrochen ist.

Karl-Josef Neuhausen über die geringe Überlebenschance bei der zweiten Stammzellentransplantation

Erneut wird Arnd Bednarzik zu einer Stammzellenspende bestellt, ohne dass er erfährt, wie es dem Empfänger geht. "Nachdem ich einige Monate später ein zweites Mal zu Hilfe gebeten wurde, konnte ich mir denken, dass Kalli Neuhausen weiter große Probleme hat", berichtet Bednarzik.

Die zweite Stammzelltransplantation findet im September 2005 statt. Neuhausen ist sehr geschwächt und die Abwehrkraft seines Immunsystems gleich Null. Trotzdem entschließt er sich zu der erneuten Operation. Dass seine Überlebenschance bei dieser zweiten Transplantation bei gerade zehn Prozent liegt, weiß er. "Was blieb mir anderes übrig? Aufgeben kam nicht infrage", sagt er.

Karl-Josef Neuhausen führte einen langen und harten Kampf. Er überstand Stammzelltransplantationen, Chemotherapien, ein vier Wochen dauerndes künstliches Koma. In einer Rehaklinik musste er erneut das Laufen erlernen. "Einmal Hölle", sagt er stolz, "und zurück", vollendet sein Lebensretter Arnd Bednarzik den Satz.

Die beiden haben sich, nachdem die zwei Jahre Kontaktsperrfirst vorbei waren, vor einigen Wochen erstmals getroffen und stehen seither in Verbindung.

"Der Grund, warum ich Kalli kennen lernen wollte, war einfach der Gedanke: Da rennt jetzt jemand mit deinen Stammzellen ’rum. Ich habe mein Blut gegeben, dass ist ein bisschen so wie die Karl-May-Sache", witzelt Arnd Bednarzik.

Nur zirka 30 Prozent aller erwachsenen Leukämieerkrankten überleben die Krankheit. Kalli hat in all der Zeit seinen Humor nie verloren und ist überzeugt, dass das zu seiner Heilung beigetragen hat: "Lachen hilft, Lachen ist wichtig."

Nach Höhen und tiefen Tiefen, wie dem dramatischen Rückfall im April 2005, hat Neuhausen die Leukämie im Moment besiegt und ist frei von Krebszellen.