Biotope für seltene Vögel
160 Vogelarten haben am ehemaligen Zuckerfabrikgelände ein Zuhause gefunden.
Grevenbroich. "Bis zu 160 Vogelarten - das ist für Grevenbroich der absolute Hit." Oliver Tillmanns ist begeistert von den Biotopteichen zwischen Wevelinghoven und Noithausen. Der Diplom-Biologe (31) kartiert seit 1994 die dortige Vogelwelt.
Neben Vögeln beherbergt das Gelände eine Reihe von Amphibien- und anderen Tierarten. Den aktuellen Bestand soll eine ausführliche Kartierung ergeben. Die Ergebnisse der auf zwei Jahre angelegten Untersuchung wird Tillmanns Ende des Jahres vorstellen.
Ursprünglich von der Firma Pfeifer & Langen als Klärteiche für Zuckerrüben angelegt, sollte nach Schließung der Zuckerfabrik 1995/96 das Gelände "in den vorherigen Zustand versetzt", sprich beackert werden. Für das Biotop wäre dies das Aus gewesen. Dabei hatten die Naturforscher dort schon damals erstaunlich viele Arten nachgewiesen - darunter die im Binnenland seltenen Watvögel.
Bei jeder Rüben-Kampagne wurde Wasser aus den Teichen abgepumpt, die entstandenen Schlammflächen boten einen idealen Lebensraum für Flussuferläufer, Bruchwasserläufer und andere. "Zum Glück gelang es dem Umweltschutzbeauftragten Norbert Wolf, den Direktor der Zuckerfabrik mit solchen Argumenten zu überzeugen", erinnert sich Tillmanns.
Schließlich kaufte der Rhein-Kreis Neuss das 224.000 Quadratmeter große Gelände für einen symbolischen Preis, die Patenschaft übernahm das Gemeinschaftswerk Natur und Umwelt Rhein-Kreis Neuss (NUN), das auch Oliver Tillmanns’ Studie in Auftrag gegeben hat. In dem seit dem Jahr 1995 bestehenden Verein engagieren sich Kommunen, Unternehmen und andere Körperschaften für Schutz, Pflege und Entwicklung der Natur im Kreis.
NUN betreut eine Reihe von Objekten, aber dieses "ist "einzigartig im Kreis und darüber hinaus", betont Kreis-Umweltdezernent Karsten Mankowsky. Seit Schließung der Zuckerfabrik hat sich dort einiges getan. Der Zwergtaucher, in NRW als gefährdete Art gelistet, brütete dieses Jahr mit sieben Paaren, derzeit zählt Tillmanns 60 dieser Vögel an den Teichen.
Für die Reiherente ist das Gelände ein wichtiges Überwinterungs- und Durchzugsgebiet, und nirgendwo im Kreis überwintern so viele Krickenten. In den vergangenen Wintern war sogar ein Großteil der niederrheinischen Schnatterenten zu Gast.
Einer der fünf Teiche fiel mangels Wasserzuleitung im Laufe des ersten Jahres trocken, die übrigen hielten den Wasserstand. Aber als die Schlammflächen verschwanden, wurden auch die Besuche der Watvögel seltener. Die Pflanzenwelt veränderte sich ebenfalls.
Auf dem ehemals offenen Gelände überwucherte der Holunder die Brutplätze von Flussregenpfeifer, Kiebitz und Schafstelze. Deshalb will Norbert Wolf mit seinem Team im Winter die Holunderbüsche abholzen. Über weitere Maßnahmen entscheiden die Naturschützer, wenn die Ergebnisse der Kartierung vorliegen.