Dormagen: Reiterkastell unter Rathausanbau
Antike: Zurzeit tritt in der Innenstadt eine längst vergangene Zeit ans Tageslicht. Die Fundstücke aus der Römerzeit liegen nur 40 Zentimeter tief.
Dormagen. Straßennamen wie Castellstraße, An der Römerziegelei, Limesweg und Römerstraße, Salier-, Franken- und Ubierstraße lassen keinen Zweifel daran, dass Dormagen stolz ist auf seine Vergangenheit als Durnomagus.
Derzeit wird gerade ein solches Stück Geschichte ausgegraben, es liegt nur etwa 40 Zentimeter tief unter der Erdoberfläche: Ein Teil der Reiterkaserne, die im Dormagener Lager untergebracht war, nämlich die Unterkünfte der Kavallerie und ihrer Offiziere. Für vier Reiter waren sie 16 mal 16 Meter groß, der Offizier lebte auf 120 Quadratmetern mit Fußbodenheizung. Die Überreste dieser Anlage befinden sich dort, wo im kommenden Jahr der Rathausanbau stehen wird.
Für Michael Gechter, der für das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege viele der römischen Funde in Dormagen als Grabungsleiter betreute, ist der Fund keine Überraschung. Er hat seine Lage vor Jahren auf einem Modell des Römercastells beschrieben. Im ersten Stock des Historischen Rathauses steht das Modell des Lagers, das sich über drei Hektar erstreckte.
Nicht verzeichnet sind auf dem Modell die Relikte aus der Römerzeit, die über das Stadtgebiet verteilt sind: das Gräberfeld mit Römergrab und fränkischen Gräbern aus dem dritten Jahrhundert nach Christus, das sich unter der Kirche St. Michael befand, die Villa Rustica in der Nähe des Latourshofs in Nievenheim, das Mithraeum, das als Kultstätte des persisch-römischen Gottes Mithras an der Weingartenstraße errichtet wurde.
Diese Mithrasstätte, die 1828 als Gewölbekeller ausgegraben wurde, ist vermutlich die älteste in Deutschland: "Um 161 dürfte sie von den Soldaten errichtet worden sein, frühere Datierungen sind falsch", sagt Gechter.
Als die Römer um 18 vor Christus in Dormagen ankamen, gab es dort zunächst nicht viel mehr als ein paar verstreute Höfe und einige überwucherte Hügelgräber aus früheren Besiedelungen, beispielsweise im Chorbusch und im Tannenbusch.
Die ersten römischen Truppen im Rheinland, die 1. Legion, errichtete ihr Lager um 18 vor Christus auf Dormagener Gebiet. "Die nächsten Lager befanden sich in Neuss und Köln. Sie waren äußerst wichtig, denn sie lagen an der Straße von Trier zum Mittelmeer, der Autobahn der damaligen Zeit - und Dormagen lag auf halber Wegstrecke", erklärt Gechter. Stempel auf Ziegeln mit der Aufschrift "Vicus Durnomagus", die in einem Legionslager in Bonn gefunden wurden, belegen, dass schon früh geziegelt wurde.
"Der Bau der Ziegelei ist eher in den 20er Jahren anzusiedeln als in den 50ern wie lange geglaubt wurde", so Gechter. Einen Hafen für die Verschiffung der Ziegel vermutet er auf dem Hang zwischen Historischem Rathaus und der Straße Unter den Hecken - keinesfalls wie gemunkelt wurde unter der Zuckerfabrik.
Einige Jahrzehnte später wurden die 1.Legion aufgelöst, die Ziegelei geschlossen. Jedoch nicht lange, denn etwa ab dem Jahr 80 wurden im Dormagener Lager einige Hilfstruppen untergebracht. Das Holz, mit dem das Lager errichtet worden war, wurde um 150 durch Stein ersetzt.
Mit den Bauern der Umgebung und den Bewohnern der Lager trieben die Soldaten viele Tauschgeschäfte. Zudem hatten die umliegenden Höfe Getreide abzugeben, weil jedes Lager verpflichtet war, immer einen Jahresvorrat für schlechte Zeiten bereitzuhalten. "Das waren Unmengen an Getreide: Ein Kilo pro Mann und drei Kilo pro Pferd für 365 Tage", erklärt Gechter.
Nur in den Kneipen war Kleingeld gefragt, wie es beispielsweise in einer Börse auf dem Lagergelände gefunden wurde. Sie gehört zu den Überbleibseln des Brandes von 160/161. Er könnte ein Grund dafür gewesen sein, dass das Lager verlassen wurde, allerdings wurden keine Leichen gefunden, so Gechter.
Erst 250 wird das Lager neu errichtet. Zum Schutz werden zusätzliche Türme gebaut. "Der Rest war nicht mehr als ein befestigter Campingplatz", scherzt Gechter. Noch ist längst nicht alles erforscht, viele Teile des Lagermodells im Rathaus sind Spekulation. "Ich möchte irgendwann noch mal unter den Biergarten neben dem Rathaus gucken, denn dort ist ein Turm des Lagertors", sagt Gechter.