Ehepaar beklagt: Praxisklinikwollte 50 Euro vor Behandlung
Die Privatpatientin ging ohne Behandlung. Doch inwieweit ist eine Vorauszahlung rechtens? Die Gebührenordnung für Ärzte schließe dies nicht aus, sagt der Justiziar der Ärztekammer.
Grevenbroich. Behandlung nur gegen Vorkasse — ist das eigentlich rechtens? Diese Frage stellen sich derzeit mindestens zwei Privatpatienten, die am vergangenen Wochenende in der Praxisklinik, dem eigenständig arbeitenden Fachärztezentrum am Kreiskrankenhaus, medizinische Hilfe gesucht haben. Eine Grevenbroicherin und ihr Mann, deren Namen der Autorin bekannt sind, die diesen aber nicht in der Zeitung lesen möchten, berichten von einer Aufforderung zur Vorschusszahlung in Höhe von 50 Euro. Eine zweite Beschwerde gleichen Inhalts liegt der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein vor und wird derzeit geprüft.
Wegen einer schwer entzündeten Blase auf der Haut habe sich seine Frau an der Rezeption der Praxisklinik anmelden wollen, erzählt der Grevenbroicher. „Eine Woche zuvor“, sagt er, „war sie wegen derselben Sache schon einmal beim Notdienst, also bereits ,im System’. Nach dem ersten Besuch kam nach zwei Tagen die Rechnung der Ärztin in Höhe von 32 Euro — die hat meine Frau als Privatpatientin bezahlt.“
So weit, so normal. Umso überraschter, sagt der Ehemann, sei seine Frau gewesen, als sie beim zweiten Mal, nachdem sie gesagt hatte, dass sie Privatpatientin ist, an der Anmeldung aufgefordert wurde, 50 Euro Vorschuss zu leisten. „Ihr wurde dann erklärt, dass der an diesem Tag diensthabende Arzt nur gegen Vorkasse behandelt. So etwas haben wir in 45 Jahren als Privatpatienten noch nicht erlebt — meine Frau ist ohne Behandlung wieder gegangen, das Wartezimmer war rappelvoll.“
Dirk Schulenburg, Justiziar bei der Ärztekammer Nordrhein
Die Frage bleibt: Unverschämtheit oder gutes Recht? Ob Vorschusszahlungen, etwa zur Absicherung von Forderungen in Zeiten allgemein schlechter Zahlungsmoral, bei Privatpatienten grundsätzlich erlaubt sind, lässt Dirk Schulenburg offen. Die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), sagt der Justiziar bei der Ärztekammer Nordrhein, schließe das nicht ausdrücklich aus. Tatsächlich kämen solche Fälle aber nur selten vor. „Die Behandlung eines hilfesuchenden Patienten, gerade im Notdienst, von der Zahlung eines Vorschusses abhängig zu machen, geht allerdings überhaupt gar nicht“, betont der Jurist. „Das ist nicht üblich und auch nicht okay. In solchen Fällen können sich Patienten an die Ärztekammer wenden.“
Oder an die Kassenärztliche Vereinigung (KV), denn der Notdienst wird auf Grundlage einer gemeinsamen Notdienstordnung von Ärztekammer und KV geregelt. Die eingegangene Beschwerde werde derzeit geprüft, sagt KV-Sprecher Heiko Schmitz. „Dazu gehört auch, dem behandelnden Arzt Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das kann einige Tage dauern.“
Das Problem an sich, sagt Schmitz, sei aber bekannt. „Als KV sind wir grundsätzlich nur mit der vertragsärztlichen Tätigkeit für gesetzlich versicherte Patienten befasst. In der Praxis und im Notdienst behandeln unsere Mitglieder natürlich auch Privatversicherte. Aber über deren Behandlung und Abrechnung erhalten wir keine Informationen.“
Fakt ist: Im Bundesmantelvertrag ist das Prinzip „Vorkasse“ bei der Versorgung von gesetzlich Versicherten nicht vorgesehen und daher rechtlich problematisch. „Den Juristen unserer Bezirksstelle Düsseldorf liegen mit Blick auf die vergangenen Jahre nur wenige Fälle vor, in denen Ärzte, soweit rechtlich geboten, aufgefordert wurden, eine vor der Behandlung verlangte Zahlung zu erstatten und zukünftig von diesem Vorgehen abzusehen“, sagt Heiko Schmitz.
„Im Grundsatz sind allerdings im Bundesmantelvertrag auch Fälle geregelt, in denen ein Arzt eine Privatzahlung verlangen darf, etwa wenn ein Patient behauptet, gesetzlich krankenversichert zu sein, dies aber innerhalb von zehn Tagen nicht nachweisen kann.“ In solchen Fällen, so Schmitz, könne die Entrichtung eines Privatbetrages für die Behandlung sachlich nachvollziehbar und auch rechtlich begründet sein.