Entschärfung dauerte bis in die Nacht

Um 0.25 Uhr war die Zehn-Zentner-Bombe am Weißenberger Weg entschärft. 20 000 Neusser waren betroffen.

Neuss. Um 0.25 Uhr in der Nacht zu gestern war es endlich so weit: Die Experten des Kampfmittelräumdienstes meldeten die erfolgreiche Entschärfung eines Blindgängers. Die Zehn-Zentner-Weltkriegsbombe war am Dienstagmittag bei Bauarbeiten am Weißenberger Weg gefunden worden. Es folgte eine der größten Evakuierungen in der Stadt seit Jahren.

Rund 7000 Neusser, die im engeren Gefahrenbereich von 500 Metern um die Fundstelle leben, mussten ihre Wohnungen verlassen. Im erweiterten Gefahrenbereich galt „luftschutzmäßiges Verhalten“ — dort durfte sich bis zur Entschärfung niemand im Freien aufhalten. Insgesamt waren rund 20 000 Menschen und zahlreiche Betriebe betroffen, darunter der Hauptbahnhof und die Senioreneinrichtung Elise-Averdieck-Haus.

Foto: woi (4)/jasi

Tobias Spange vom städtischen Presseamt

Mike Wehner vom Kampfmittelräumdienst hatte gehofft, die Bombe schon gegen 22 Uhr entschärfen zu können. Doch sein Einsatz verzögerte sich, weil einige Personen ihre Wohnungen nicht verlassen wollten. Zudem gab es Bettlägerige, die in Krankenhäuser gebracht werden mussten. „Eine Evakuierung in dieser Größenordnung hatten wir zuletzt vor rund vier Jahren“, sagte Tobias Spange vom städtischen Presseamt.

Die Stadt hatte in der Turnhalle am Further Kirmesplatz eine Aufenthaltsmöglichkeit geschaffen. 45 Mitarbeiter der Malteser, ein Einsatzleitwagen der Johanniter und ein Patiententransportwagen waren dort im Einsatz. „Weil die Evakuierung so spät ist, rechnen wir mit vielen Menschen, die in die Turnhalle kommen“, sagte Tim Gladis, Einsatzleiter Rettungsdienste, am Dienstagnachmittag. Schließlich wurden 675 Personen in Notunterkünften betreut.

Anwohnerin Inge Dreiling lobte das Engagement der Helfer. „Wir werden hier super versorgt“, sagte sie. Andere Neusser waren zum Teil samt Haustieren an der Turnhalle angerückt — wie Simone und Bernd Winkelmann, die ihre drei Katzen Shy, Lana und David mitgebracht hatten. „Es war seltsam, plötzlich die wichtigsten Sachen zusammenpacken zu müssen“, betonte Simone Winkelmann. Sie wurde um kurz nach 17 Uhr durch die Warn-App Nina über die anstehende Evakuierung informiert und hatte sofort ihren Mann angerufen, der mit dem Zug von der Arbeit kam.

Weil auch der Neusser Hauptbahnhof in der Sicherheitszone lag, hielten dort am Dienstag ab 20.30 Uhr keine Züge mehr. Sie fuhren durch. Für die letzten Bahnreisenden, die am Hauptbahnhof ankamen, hatten die Stadtwerke einen Shuttle-Service zur Turnhalle am Further Kirmesplatz und zum Handweiser organisiert. Von dort konnten die Bürger dann weiterfahren. Während der Bombenentschärfung stand der Bahnverkehr still: Die Züge warteten vor dem Hauptbahnhof.

Die Rheinbahn leitete ab 20 Uhr die Linien U75, 709, 828 und 830 um. Auch der Busverkehr der Stadtwerke Neuss war ab 20.30 Uhr betroffen. Er wurde zum Teil unterbrochen und auf Teilstücken aus Sicherheitsgründen eingestellt. Als an der Bombe gearbeitet wurde, war zudem der Luftraum über Neuss gesperrt. Ein Flugzeug musste deswegen in Köln/Bonn statt Düsseldorf landen.