Vier Künstler blicken auf Zeit und Raum
Marcus Kaiser, Julia Lohmann, Günter Thorn und Marcel Hardung stellen in Neuss aus.
Neuss. „Materiallismus“ (mit zwei l) heißt die neue Ausstellung auf Schloss Reuschenberg, die Werke von Julia Lohmann, Marcel Hardung, Günter Thorn und Marcus Kaiser zeigt. Die Gruppenausstellung sei eine Wunschkombination, sagt Lohmann, denn gemeinsam ist ihnen, dass sie an der Kunstakademie Düsseldorf studiert haben — wenn auch in verschiedenen Klassen und teils zu unterschiedlichen Zeiten. Noch eines verbindet sie: Sie möchten Installationen, Skulpturen und Objekte wieder vermehrt in den Fokus rücken. „Denn die Videokunst und die Fotografie haben diese zunehmend verdrängt“, bedauert Hardung.
Beate Düsterberg, Initiatorin der Kunstinitiative Wurzeln und Flügel, hat die Ausstellung auf den Weg gebracht. Worum es den Künstlern dabei geht, erläutern sie voller Elan: um den realen Raum im Gegensatz zum virtuellen Raum, um Zeit, Bewegung, Klang und haptische Erfahrung. „Und um die Spannung zwischen dem realen Raum und dem Material“, sagt Thorn. Hinter den Installationen stehen gesellschaftspolitische sowie zeitkritische Fragestellungen. Und immer wieder fallen die Namen von Weggefährten und ehemaligen Lehrern: Joseph Beuys, Erwin Heerich, Otto Piene, Klaus Rincke oder Hardungs Vater Günther Uecker.
Zur Ausstellung gehört das „Große grüne Bild“ von Marcus Kaiser. Es ist fast drei Quadratmeter groß, monochrom in Grün gehalten und zeigt den Blick in einen Urwald. Was an ein Foto erinnert, ist das Ergebnis monatelanger Arbeit mit Pigmenttusche, Bleistift und Aquarellfarbe. Wie lange er daran gearbeitet hat, verrät der Künstler nicht. Aber Zeit sei der dominierende Aspekt seiner Arbeit, sagt er und hebt das Thema auf eine politische Ebene: Sowohl an der Börse als auch bei der Halbwertzeit von Atommüll spiele Zeit eine zentrale Rolle.
Um Zeit geht es auch bei Günter Thorn. Er hat ein überdimensionales Mobile mitgebracht, in dem ein Magnet eine Glasscheibe in einem zum Kreis geformten Moniereisen im Gleichgewicht hält. „Es geht um den Zeitpunkt, bevor etwas kaputtgeht, und darum, auf welch‘ dünnem Eis der Mensch lebt“, erläutert er.
Marcel Hardung schlägt einen Bogen von der Völkerwanderung hin zu der Frage, wie die Menschen weltweit mit Wasser versorgt werden sollen. In seiner Installation „Rotation“ halten sich ein mit Wasser gefüllter Eimer und ein den Atomkern darstellender Betonabguss die Waage. Verdunstet das Wasser, senkt sich der Atomkern. „Energie und Wasser bleiben die politischen Themen unserer Zeit“, sagt er.
Die Wahl des Werkstoffs ist zentral für Julia Lohmann. In der Installation „Tor/Wellenempfänger“ dreht sich ein fast transparenter Nesselstoff, der mit Tusche und Ölfarben bemalt ist, in einem Rahmen um die eigene Achse.
Die Ausstellung im Schloss Reuschenberg, Gerhard-Hoehme-Allee 1, läuft bis Ende September. Führungen gibt es mittwochs nach Vereinbarung unter Telefon 02131/405 35 80.