Museum bekäme mit Schenkung weiteren Moreau
Heute entscheidet der Kulturausschuss über die Annahme der Schenkung einer bedeutenden Jugendstil-Sammlung.
Neuss. Wenn der Kulturausschuss heute in einer Sondersitzung (Beginn 17 Uhr) über die Annahme einer Kunst-Schenkung und den damit verbundenen Anbau des Clemens-Sels-Museum entscheidet, geht es nicht allein um eine bloße Erweiterung des Sammlungsbestandes und die Vergrößerung des Hauses. Welche Kostbarkeiten zu der privaten Jugendstil-Sammlung gehören, die ein Kunstexperte in 50 Jahren mit Könnerschaft und Herz gleichermaßen zusammengetragen hat, macht ein Beispiel deutlich: Gustave Moreaus Ölgemälde „Orphée“ von 1875 im Originalrahmen.
Der französische Maler und Zeichner (1826—1898) gilt als „Vater des Symbolismus“, gehörte der Académie des beaux arts in Paris an und hat viele Künstler beeinflusst — unter anderem Henri Matisse. Allerdings sind kaum noch Werke von ihm auf dem freien Markt vorhanden, denn der Künstler hat seinen gesamten Besitz dem französischen Staat vermacht. Nur jene Arbeiten, die Moreau selbst noch zu Lebzeiten aus seinem Pariser Atelier verkauft hat, könnten sich noch in privaten Sammlungen befinden.
So ist es schon ein kleines Wunder, dass das Neusser Clemens-Sels-Museum allein vier Moreaus besitzt — und damit ein Alleinstellungsmerkmal unter den bundesdeutschen Museen hat. Wenn sich nun zu den Aquarellen „Le Sphinx“ (1886) und „Le Soir“ (1887) sowie den Ölgemälden „Saint Sébastian“ (1869) und „Pietà“ (1876) als weiteres Öl-auf-Holz-Bild „Orphée“ hinzugesellte, würde das Neusser Museum als Zentrum des Symbolismus in der obersten Liga spielen.
„,Orphée’ ist ein ganz zentrales Werk im Schaffen von Moreau“, sagt Museumsdirektorin Uta Husmeier-Schirlitz, „es hat die Größe unserer ,Pietà’ und steht ganz besonders für die Fähigkeit des Malers, auf einer mythologischen Folie eigenständige Motive zu entwickeln.“ Dafür setzte er vor allem Farbe ein und wurde Vorreiter der Malkunst des 20. Jahrhunderts. Religiöse und mythologische Themen verknüpft der Franzose gern zu einer eigenen Geschichte. Und so lässt er Orpheus’ Kopf, der der Legende nach in den Fluss Hebros geworfen wurde, nachdem die Gefährtinnen des Dionysos den Sänger ermordet hatten, in den Händen einer jungen Frau landen. Ihr Blick auf seinen Kopf ist voller Trauer. „Dieser Blick“, sagt Husmeier-Schirlitz, „bestimmt in unserer ,Pietà’ auch Marias Gesicht, die auf ihren toten Sohn Jesu schaut.“ Foto: M. Bollen