Neuss: Neue Lernorte kennen lernen
Kunst: Schülerinnen lassen in einer AG ihrem Zeichendrang gerne freien Lauf – trotz Benotung.
Neuss. Es ist Mittagszeit, doch zielgerichtet und voller Vorfreude steuern die Mädchen der Mildred-Scheel-Realschule ihre Plätze am Zeichentisch an, greifen sich ihre Arbeitshefte und beginnen sofort, den gespitzten Bleistift über das Papier schnellen zu lassen.
Die 15- und 16-jährigen Teenager der Mädchen-Realschule nehmen im angrenzenden Geschwister-Scholl-Haus an einer Kunst AG unter Leitung des freischaffenden Künstlers Winfried Schmitz-Linkweiler teil. Und das offenbar sehr gerne. Es ist das zweite Projekt dieser Art nach einem Foto-Workshop im vorigen Schuljahr, dessen erstaunliche Ergebnisse jetzt die Wände im Flur des Scholl-Hauses schmücken.
Da diese Arbeitsgemeinschaft im Rahmen des Wahlpflichtbereichs angeboten wird, muss Lehrer Gregor Segschneider Noten verteilen, die in das Zeugnis einfließen. "Wenn ich mir das hier so ansehe, bin ich aber überzeugt, dass es ausschließlich gute sein werden", macht der Kunstpädagoge seinen 22 Schülerinnen Hoffnung, dass sie mit ihrem kreativen Talent ihren Notenschnitt verbessern können.
Segschneider ist begeistert von der Möglichkeit, "außerhalb der heiligen Hallen andere Lernorte kennen zu lernen und sich mit Hilfe eines bildenden Künstlers fernab vom herkömmlichen Unterrichtsstoff kreativ austoben zu können". So profitiere er auch selbst von den 90 Minuten jede Woche. "Die Motivation, ohne Zwang arbeiten zu können, ist für meine Schülerinnen eine andere, das spürt man einfach."
Auch Winfried Schmitz-Linkweiler ist "schwer begeistert" von den zeichnerischen Ergebnissen der jungen Mädchen. So sei das Nachzeichnen eines detailliert ausgearbeiteten Baumes derart gelungen, dass sich kaum nachvollziehen lässt, was die Vorlage, und was die Kopie ist. "Erstaunlich war für mich vor allem, dass sich die nötige Ruhe für ein konzentriertes Arbeiten ganz von allein ergeben hat", wundert sich der Meerbuscher.
Eine Fortsetzung wird zwar von allen Beteiligten gewünscht, hängt aber nicht zuletzt von der Finanzierung ab. "Das erste Projekt wurde aus einem Topf der Sparkassen-Stiftung finanziert, für das zweite musste die Schule für die Arbeitsmaterialien aufkommen", so Segschneider. Ob das in Zukunft auch so gehandhabt werden kann, müsse im Einzelfall entschieden werden.
Die Kooperation zwischen dem Scholl-Haus und der Mildred-Scheel-Realschule ist kein Einzelfall. "Es gibt auch Projekte dieser Art mit der Christian-Wierstraet-Realschule oder der Hauptschule Weißenberg. Da wird getöpfert und gekocht, die Schüler können ihr Mittagessen hier einnehmen, Hausaufgaben machen oder an ihrer Schülerzeitung arbeiten", erklärt Mitarbeiterin Anja Faulhaber, die sich eine Ausweitung derartiger Kooperationen, etwa mit dem Marie-Curie-Gymnasium, sehr gut vorstellen kann. "Erste Kontakt sind jedenfalls geknüpft."