Runde: „Wir müssen an den Strommarkt“
Stadtwerke-Chef Heinz Runde zu Gaspreis-Erhöhungen und Zukunftsaussichten.
WZ: Herr Runde, bundesweit werden wieder Preissteigerungen für Gas angekündigt. Ist die Gleichung "steigender Rohölpreis gleich steigender Gaspreis" wirklich zwingend?
Runde: Ja. Es ist bedauerlich, aber unausweichlich. Die großen Versorger erklären uns, dass sie nur ihre gestiegenen Einkaufspreise weitergeben.
WZ: Herr Brüderle von der FDP meint, man könne ebenso gut die Müllgebühren an den Goldpreis koppeln...
Runde: Das ist Unsinn. Man hat damals den Gas- an den Ölpreis gekoppelt, um das Gas wettbewerbsfähiger zu machen. Sollte der Ölpreis wieder sinken, wirkt sich das dann auch aufs Gas aus.
WZ: Ist ein sinkender Rohölpreis denn überhaupt noch vorstellbar?
Runde: Ich soll jetzt spekulieren? Nein, das möchte ich nicht.
WZ: Damit sind wir bei den SWN. Wann ist die nächste Preiserhöhung beim Gas zu erwarten?
Runde: Nicht im Sommer wie bei vielen anderen Versorgern, auch in der Region. Das überrascht mich übrigens. Warum macht man das im Juni/Juli, wenn ohnehin nicht geheizt wird? Wir werden voraussichtlich zum 1. Oktober erhöhen. Um welchen Prozentsatz, kann ich jetzt noch nicht sagen. Sechs Wochen vor dem Termin müssen wir unsere Kunden informieren. Wir warten mit unserer Kalkulation bis zum letzten Moment.
WZ: Also auf jeden Fall wieder eine Preiserhöhung zum Winter. Wie wollen Sie die Swn-Kunden halten?
Runde: Wir überlegen, neue Treueprodukte einzuführen. Sicher ist: Wir werden Festpreise für ein Jahr und auch zwei Jahre anbieten. Das kostet dann natürlich etwas mehr, auch wir müssen uns da ja absichern. Aber der Kunde kann auf ein oder zwei Jahre kalkulieren und hat eine Preissicherheit.
WZ: Derartige Angebote erschweren natürlich auch den direkten Preisvergleich.
Runde:. Richtig. Aber bei den Standardprodukten ist der weiterhin möglich. Sehen Sie mal beim Verbraucherportal Verivox nach: Da stehen wir mit unserem Inline-Angebot aktuell auf Platz1.
WZ: Wie entwickelt sich der Wettbewerb auf dem Gasmarkt?
Runde: Er wird zunehmend härter. Erwartet wird eine Wechslerquote bis zu 14 Prozent. So weit sind wir aber noch nicht. Wir könnten jetzt wie Düsseldorf oder Krefeld überlegen, in andere Gebiete zu gehen. Das tun wir aber nicht. Unsere Strategie ist, die Kunden zu halten.
WZ: In der Politik wird gefordert, den Versorgern eine soziale Staffelung ihrer Strom- und Gaspreise vorzuschreiben. Das könnten Unternehmen wie die Stadtwerke doch auch aus eigenem Antrieb tun - oder?
Runde: Nein. Eine solche soziale Staffelung kann wirklich nicht Sache von Unternehmen sein. Da müssten ja dann die anderen Kunden mitbezahlen. Und überhaupt: Das ist eindeutig Sache des Bundes. Stadtwerke haben keine Sozialstaatsaufgaben. Der Staat könnte zum Beispiel angesichts steigender Energiepreise das Wohngeld anheben. Das wäre ein wirklich guter Ansatz.
WZ: Bei der "Stadtwerke Neuss Energie und Wasser GmbH" steht "Energie"derzeit nur für Gas. Wird es nach Ablauf des Pachtvertrages über die Netze mit RWE einen Stromversorger Swn geben?
Runde: Wir hoffen sehr, dass es schon vorher dazu kommt. Wir werden schon bald mit RWE ins Gespräch kommen. Kundenbindung muss über die Produkte stattfinden. Dazu brauchen wir die Stromversorgung.
WZ: Die geplante Fusion mit Krefeld ist nach langem Hin und Her passé. Nun geht es um Erweiterung der Aufgaben und Kooperationen. Reicht die vorgeschlagene Übernahme der AWL und der Stadtentwässerung, um die Zukunft der Swn zu sichern?
Runde:: Natürlich nicht. Wenn sich die Änderungen bei den Netzentgelten voll auswirken, so ab 2013, brechen uns jährlich Millionen weg. Wir brauchen dann größere Verbünde. Und wir müssen an den Strommarkt. Da kann man trotz allem noch Geld verdienen. Die Vorgaben für uns sind jetzt klar: Keine Fusion, aber auch kein Erhalt des Status quo. Kein Verkauf von Anteilen gegen Geld. Das trage ich gern mit.
WZ: Wo stehen die Stadtwerke in einem Jahr?
Runde (lacht): In einer kritischen Situation, einige Tage vor der Kommunalwahl... Aber ernsthaft: Wir möchten erste Ergebnisse über die künftige Ausrichtung schon Ende dieses Jahres vorlegen.