Als Arbeit eine heiße Sache war
Hans Stieber: Mit dem Ende der Glashütte musste er sich eine neue Profession suchen – als Schmied.
Haßlinghausen. Drei Liter Tee nahm sich Hans Stieber jeden morgen mit zur Arbeit, zusätzlich zu den vielen Flaschen Sprudelwasser und dem großen Kessel Tee, die in der Glaserei bereit standen. Zu Essen brauchte er bei der Hitze hingegen kaum.
"Wenn der Wind vom Westen kam, drückte er durch die Löcher und die Flammen schlugen aus dem Ofen", erzählt der 69-Jährige von seiner ehemaligen Beschäftigung in der Haßlinghauser Glashütte. Immer wieder tropfte trotz aller Vorsicht das glühend heiße Glas herunter. "Wir hatten immer die Hände verbrannt."
Der Einträger trug es dann mit einer Asbestschippe zur Kühlbahn, wo das Glas behutsam ganz langsam abgekühlt wurde.
Babyflaschen und Parfumflakons, Biergläser und Glühbirnen wurden so hergestellt. "Wir haben nur perfekte Ware verkauft. Da gab es keinen schiefen Boden oder eine Blase im Glas, wie man es heute oft sieht", betont Stieber. Was die strengen Qualitätskontrollen nicht erfüllte, wurde sofort wieder eingeschmolzen.
Als die Hütte 1964 schloss, fing Stieber in der Gevelsberger Gesenkschmiede Sauerbruch am Fallhammer an. "Das war sehr hart, da musste man die Zähne zusammenbeißen", erinnert er sich. Per Hebel musste er den schweren Hammer an einen umlaufenden Riemen drücken, der diesen nach oben zog. Dann holte er das heiße Werkstück aus dem Ofen und löste den Hammer aus.
"Da kam ich öfter mit kaputter Hose heim oder die Splitter sind mir in die Hand reingeknallt", seufzt er. Durch den Temperaturunterschied bildet das Eisen eine Kruste, den so genannten Hammerschlag, die bei der Bearbeitung leicht zersplittert. Die Kleidung hatte dem wenig entgegenzusetzen: Außer Unfallschuhen trugen die Arbeiter ganz normale Hosen und Hemden.
Von sechs bis 15 Uhr arbeiteten die Schmiede ohne Pause, aßen nur zwischendurch, während das Eisenwerkstück im Ofen erwärmt wurde. Immerhin hatte die Schmiede schon früh einen Kühlschrank für die Getränke.