Wildunfälle im Kreis Viersen Achtung: „Ein Reh kommt selten allein“

Kempen · Die Dämmerung ist die Zeit, wenn Fuchs und Hase sich zwar nicht „Gute Nacht“ sagen, aber gerne mal die Straßenseite wechseln. Und auch Wildschwein, Reh und Co. sind dann auf Wanderschaft. Worauf Autofahrer achten müssen.

Wer von Weitem ein Tier über die Straße laufen sieht, sollte deutlich langsamer und noch aufmerksamer fahren. Denn es könnten noch einige Tiere folgen.

Foto: dpa-tmn/Arne Dedert

Kalt, nass, stürmisch – in den jetzt kommenden Wochen, gilt es im Straßenverkehr noch aufmerksamer zu sein. Ein gerne unterschätzter Aspekt sind Wildunfälle, die im Kreis Viersen in den kommenden Wochen wieder Hochkonjunktur haben werden. Vor allem, wenn am letzten Wochenende im Oktober die Uhr wieder auf Normalzeit, also eine Stunde zurück, umgestellt wird, kann es zu brenzligen Situationen kommen.

„Die meisten Wildunfälle passieren in der Dämmerung“, weiß Heike Ahlen von der Kreispolizei Viersen. Und dazu erklärt sie: „Tiere haben ihren Rhythmus und stellen sich nicht nach der Uhr.“ Heißt übersetzt: Wenn es dämmert, sind Fuchs, Wildschwein oder auch Reh unterwegs. Dass dann plötzlich viel Verkehr ist, wo vor einem Tag noch relativ viel Ruhe herrschte, weil eben die Uhr noch eine Stunde anders ging, wissen die Tiere nicht.

Besonders gefährlich sind die Bereiche, bei denen auf der einen Seite der Straße ein Waldrand ist und auf der anderen ein weites Feld. Im Schutze der Dämmerung verlassen die Tiere den Wald. Dass dann womöglich eine viel befahrene Landstraße zwischen Wald- und Feldrand liegt, ist dem Wild letztlich egal. Dem Autofahrer kann das allerdings nicht egal sein. Denn so ein ausgewachsenes Wildschwein bringt gerne mal 60 bis 100 Kilo auf die Waage. So einen Brecher möchte vermutlich niemand als Prellbock im Weg haben.

Deshalb ist der wichtigste Tipp der Polizei: Immer aufmerksam fahren und die Beschilderung ernst nehmen. Denn mögliche Gefahrenbereiche werden mit bekanntem Dreieck auf dem ein springendes Reh zu sehen ist gekennzeichnet. „Da darf man dann auch durchaus langsamer fahren, ohne dafür angehalten zu werden“, sagt Ahlen. Denn es gilt das Gebot, den Verhältnissen angepasst zu fahren. Und selbst, wenn 100 Stundenkilometer erlaubt sind, kann es unangemessen sein, bei Dämmerung mit eben jenen 100 Sachen am Waldrand entlang zu fahren.

Der zweite Tipp befasst sich damit, was zu tun ist, wenn Tiere am Wegesrand zu sehen sind. „Ein Reh kommt selten allein“, weiß Ahlen. Hat also beispielsweise ein Reh in einiger Entfernung die Straße überquert, gilt sofort das Tempo zu reduzieren und anhaltebereit zu sein. Denn es könnten direkt dahinter zahlreiche weitere Tiere folgen. Im Zweifel deutlich abbremsen, Warnblinker einschalten und genau darauf achten, ob noch mehr Tiere zu sehen sind. Aufblenden bringt bei den meisten Tieren übrigens gar nichts. Rehe beispielsweise bleiben noch eher stehen, wenn sie angeblendet werden. Den Wunsch, mehr sehen zu wollen, kann Heike Ahlen durchaus nachvollziehen, dennoch sei dies genau falsch.

Und was, wenn es doch zu einem Wildunfall kommt oder er unvermeidlich ist. „Grundsätzlich gilt: Vollbremsung, Lenkrad mit beiden Händen festhalten und geradeaus draufhalten“, sagt Heike Ahlen. Wer ausweicht, riskiert, in den Gegenverkehr zu geraten oder auf einem angrenzenden Radweg einen Radfahrer zu überfahren. Außerdem könnte das Tier in genau die Richtung lossprinten, in die man versucht auszuweichen.

Hat es dann gekracht, muss immer die Polizei gerufen werden. „Sie müssen, wenn möglich, die Unfallstelle absichern und dann auf die Polizei warten“, sagt Ahlen. Bei Verletzten sollte selbstverständlich auch ein Krankenwagen gerufen werden. Ahlen rät davon ab, sich dem Tier zu nähern. „Wir wissen, wen wir dann rufen müssen, und der kümmert sich dann um das Tier.“ Zum einen wisse niemand, ob das Tier irgendwelche Krankheiten hat. Zum anderen kann ein angefahrenes Wildschwein, das noch lebt, zu einer echten Gefahr für den Menschen werden. Selbst einfach die Unfallstelle aufzuräumen und dann, wenn möglich weiterzufahren, ist die schlechteste Idee. Denn ohne Unfallaufnahme durch die Polizei kann es später auch bei der Versicherung schwierig werden.