Im Rathaus gibt es sogar ein paar „Schätzkes“

Das Rathaus präsentiert sich richtig nett – und doch scheint es so, als sei früher vielleicht alles besser gewesen.

Wuppertal. Amtsschimmel, sollte man annehmen, taugen nicht zum Rodeo. Am Sonntag, 17. August 2008, aber wechselte die Stadtverwaltung beim Tag der offenen Tür im Rathaus vom oftmals allzu gemütlichen Schritt zum munteren Galopp. Dabei besitzt die Aufgeschlossenheit zunächst keinen Seltenheitswert, denn der Behördengang ohne Sechsämtertropfen zählt für viele Bürger an Wochentagen zu den lästigen Pflichtübungen.

Erstaunlich groß war jedoch der Andrang, als die Riege um Oberbürgermeister Peter Jung zur Sonntagsgala bat. Der eine oder andere Besucher biss sich schon im Treppenhaus fest, um die steinerne Büste des Rathausarchitekten Karl Roth abzulichten. Indessen lockte ein Stück höher in Zimmer 136 ein Fleisch-und-Blut-Porträt: "Lassen Sie sich mit dem Oberbürgermeister fotografieren." Man könnte bei solcher Tuchfühlung mit Sängerin Ina Deter kontern: "Wenn du so bist wie dein Lachen."

Dass Jung in seiner Residenz sogar ein paar "Schätzkes" hütet, dürfte bei Wuppertals angespannter Finanzlage manchen erstaunt haben. Tatsächlich war im 1. Sitzungszimmer Gold zu bestaunen: Goldene Bücher und goldige Erinnerungsstücke an bessere Zeiten. Wer im Anschluss an solche Denkwürdigkeiten gleich mal den Partner um die Ecke bringen wollte, bog rechts ab zu den Trausälen. An der Tür zu Zimmer A 108 hing dekorativer Schmuck mit roten Herzchen, gleich daneben das Schild, das die nüchterne Realität hinter der Tür bloßlegte: Deutsche Personenstandsangelegenheiten.

"Alles ganz anders als damals", fanden dennoch manche Altvermählte den Trau-Saal, vor dem der Standesamtsleiter Thomas Piqué Wache schob. Die einen Paare kehrten zum Ort der Tat zurück, die anderen wollten schon mal Probe sitzen. Verliebtheit kennt nun mal keine Grenzen. Wie verliebt Wuppertaler einst in ihre Stadt waren, zeigte 15 Minuten lang ein Werbefilm von 1980. Drei Minuten länger dauerte ein köstlicher Streifen mit Horst Tappert, in dem Inge 1954 "eine Stadt entdeckt".

Nett präsentiert, das alles, da kann man nicht klagen. Sogar waschechte Kunst rotierte durchs Haus, denn im Paternoster hatten Kulturschaffende der Stadt Position bezogen, um gleichsam am laufenden Band Wuppertaler Ansichtssachen in Szene zu setzen.