Olaf Reitz: Der Sprecher mit der großen Liebe für die Bühne
Der Wuppertaler Radio-, Hörspiel- und Synchronsprecher .
Wuppertal. An einem Abend Anfang November ist Olaf Reitz in wechselnden Rollen auf der Bühne zu sehen: Als Arzt, Hauptmann und Tambourmajor und immer wieder zwischendurch ist er Woyzeck. An diesem Abend bringt der 44-Jährige mit dem Sprachwissenschaftler Gideon Stiening Besuchern einer Stadtbücherei Georg Büchners „Woyzeck“ näher.
Reitz ist Sprecher — für Radio, Hörspiele oder Synchronisationen. Als Schüler hat er mit dem Theater angefangen, deswegen ist ihm die Arbeit auf einer Bühne bis heute die liebste. „Solche Auftritte wie der Woyzeck sind Experimentaltheater, ein Stück weit improvisiert“, sagt er. Vorher hatte er mit seinem Partner Gideon Stiening nur telefonisch Kontakt.
Die Menschen, die zwischen den grauen Wänden und Bücherregalen sitzen, sind ein Potpourri der Gesellschaft: Die Besucher tragen durchgewetzte Ellenbogen an Cordsakkos, Seidenschals und Designerschmuck. „Wenn ich ins Theater gehe, darf ich keine Vorbildung haben oder muss einer bestimmten Gruppe angehören, um etwas davon zu haben“, findet Reitz. Deswegen mag er diese Form der Bühnenlesungen. Wegen der Unmittelbarkeit des Erlebnisses.
Zwei Stunden bevor Reitz als Woyzeck das Opfer der sozialen Ordnung des frühen 19. Jahrhunderts gibt, steht er noch bei Ikea an der Kasse. Er muss was umtauschen, und das Möbelhaus liegt halt auf dem Weg von Dortmund nach Düsseldorf. In Dortmund hat er nachmittags noch verschiedene Rollen für das WDR 5-Zeitzeichen eingesprochen: Stalin, „irgend so einen mittelhochdeutschen Typen, so einen pedantischen Richter“ und den US-amerikanischen Stahl-Tycoon Andrew Carnegy.
Die Kombination aus vielfältigen Sprecherjobs für Radio und Hörbücher geben dem Freiberufler den Freiraum für die Projekte, die ihm am Herzen liegen: kleine Theaterproduktionen und Lesungen oder etwa die Wunder-Flunker-Stadtrundfahrt. Für die erscheint übrigens bald eine Smartphone-App, für die er wieder seine Stimme gegeben hat.
Und alle zwei Jahre findet Reitz Zeit für den reisenden Adventskalender: Ab dem 1. Dezember öffnet er mit Carolin Völker und Ute Keufen jeden Tag ein literarisches Türchen in Schulen, Notschlafstellen oder Kindergärten im Bergischen.