„Rhapsody in Blue“ Orchester der Wuppertaler Musikhochschule überzeugt mit seinem Konzert
Wuppertal · Ein spannendes und souveränes Spiel.
Zweimal im Jahr, am 1. November und am 1. Mai, gibt das Orchester der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Wuppertal ein Sinfoniekonzert. Unter der Leitung von Barbara Rucha (Professorin für Ensembleleitung und deren Didaktik) hat das Wuppertaler „Studierenden-Orchester“ mit innovativen Programmen eine außergewöhnliche Qualität erreicht. Von semi-professionell kann bei diesem Klangkörper kaum die Rede sein, auch wenn die meisten jungen Musiker sich noch in der Ausbildung befinden. Es ist ein voller, wohlklingender Klangkörper, dessen Klanggruppen, wie Streicher-, Blech- und Holzbläser-Ensembles eine orchestral-ausgeglichene Stabilität haben. Mit fein abgestufter Dynamik, wobei die leisen Passagen besonders eindrucksvoll gelingen, schließlich einer rhythmischen Präzision und klangfarblichen Vielfalt.
Barbara Rucha kreierte gleich zwei Titel für das Konzert an Allerheiligen: „Amerika“ und „Rhapsody in Blue“, die sich selbstverständlich auf George Gershwins gleichnamiges Klavierkonzert bezieht. Solo-Pianist war der Engländer Joe Howson, der nach zahlreichen Stationen und Schwerpunkt-Studien in zeitgenössischer Musik, Liedbegleitung, Kammermusik, Orchesterpianist und Korrepetitor zuletzt ein DAAD-Postgraduate Stipendium erhalten hat, das ihn zu Florence Millet an die Wuppertaler Hochschule geführt hat. Wie er den Klavierpart darstellte und bewältigte – mit Präzision, Leichtigkeit, sensiblem Anschlag und Humor – war bemerkenswert. Klassischer Orchesterklang verbunden mit Swing und Blue-notes, das ist ein „amerikanisches“ Merkmal seiner Musik. Bezeichnend für seinen souveränen Auftritt: An einer Stelle, geprägt von flinker Geläufigkeit und Spaß, schaute er während des Spiels ins Publikum und lachte dabei. Das kam an, genau wie das präzise Zusammenspiel von Pianist und Bläsergruppen. Über allem stand die souveräne Leitung von Rucha, die eine große Palette an Gestik und Klang einbrachte, um mal schwungvoll, dann dynamisch flexibel, schließlich robust bis zart den Orchesterklang zu gestalten.
Aaron Coplands Musik umrahmte das Programm. Die kurze „Fanfare for the Common Man“ mit drei Spielern auf der Bühne und diversen Musikern, verteilt im großen Saal, war ein interessantes Intro, das die Experimentierfreude, aber auch die Vielseitigkeit des letzten Stückes „Appalachian Spring – Orchestral Suite (1945)“ ankündigte. Coplands sozialer Einsatz für den „einfachen Mann“ in Amerika wurde hier musikalisch vertieft. Die breite Expressivität von berührend-emotionalen Klängen bis zu fröhlicher Tanzmusik, von klarem Bläsersatz bis zupackendem Streicherklang, all das wurde eingebettet in eine Musik mit Erzählcharakter.
Wer hat schon einmal Musik vom US-amerikanischen Komponisten Andrew Rindfleisch gehört? Sein Werk „The light Fantastic (2001)“ mit Bläser-Ensemble wurde als deutsche Erstaufführung vorgestellt. Es wechselt ständig die Tonarten, führt eine kammermusikalische und sehr transparente Stimmführung vor, klingt differenziert, mal ruhig fließend, mal tänzerisch und schließlich verspielt-swingend. Melodiefetzen von „My Fair Lady“ tauchen sporadisch auf, spielerisch beeindruckt hier der Bassklarinettist mit spannungsreicher, feiner Stimmführung.
Barbers „Adagio for Strings“ und Ives´ „The Unanswered Question“
Ebenso stimmungsvoll beginnt der zweite Teil des Abends in der Historischen Stadthalle. Das berühmte, auch als Filmmusik verwendete „Adagio for Strings“ von Samuel Barber sowie Charles Ives‘ „The Unanswered Question“, ein für Amerika identitätsstiftendes Werk, verstärkt den Eindruck von Ives´ sozialem Engagement. Ives geht es „um die Menschheit und den Menschen als Unikum“ erläutert Florence Millet. Die hier anklingende Philosophie ist der Baustein von Ives‘ Musik. Sein experimenteller Geist, seine Polytonalität, sein freier Geist formen multidimensionale Werke. Typisch amerikanisch, weil sie Raum und Zeit sprengen. Dialoge werden in Form von Aktion/Reaktion vorgestellt, es klingt, als würden zwei Klangwelten aufeinandertreffen, die in friedlichen, harmonischen Streicherklängen stimmungsvoll ausklingen.
Ein spannendes Programm, ein ebenso spannendes Spiel aller Musiker und eine souveräne Leistung der Dirigentin. Es gab viel Applaus im voll besetzten Saal.