Fasten ist weit mehr als ein temporärer Verzicht auf Nahrung oder soziale Medien – denn es hat seinen Ursprung in der christlichen Tradition. In der Bibel finden wir zahlreiche Hinweise auf das Fasten als eine Praxis der Buße, des Gebets und Hingabe an Gott. Doch in einer Welt, die von Konsum und Schnelllebigkeit geprägt ist, hat sich das Fasten weiterentwickelt. Heute praktizieren immer mehr Menschen Fasten nicht nur aus religiösen, sondern auch aus gesundheitlichen oder psychologischen Gründen.
Ein fundamentales Beispiel für das Fasten finden wir in der Passionsgeschichte. Während der Fastenzeit bereiten sich Christen auf die erlösende Botschaft der Auferstehung vor. Die 40 Tage der Fastenzeit spiegeln dabei die 40 Tage wider, die Jesus in der Wüste verbrachte, um sich auf seine Mission vorzubereiten. Auch Gläubige nehmen traditionell die Einladung wahr, über ihr eigenes Leben nachzudenken und sich von weltlichen Ablenkungen zu befreien.
In der Frühkirche war das Fasten nicht nur eine Praxis der individuellen Heiligung, sondern auch ein Weg, Gemeinschaft zu bilden. Die gläubigen Christen fasteten gemeinsam, um sich als eine Kirche im spirituellen Streben nach Gott zu vereinen. Pfarrer Frank Beyer meint: „In einer Gemeinschaft kann man einiges voneinander lernen. Jeder bringt eine neue Perspektive ein.“ Auch Erfolge und Misserfolge der Fastenden können wertvoll für die eigene Motivation sein. „Wir treffen uns in der Fastenzeit vier Mal in kleinen Gruppen, um uns auszutauschen.“ Auch Pfarrerin Martina Köster-Schneider schätzt das Gemeinschaftliche am Fasten. Im Gemeindehaus des Pfarrbezirks Gemarke-Hatzfeld wird daher eine Oase errichtet, um „zusammen zu essen, zu sprechen und gemeinsam spazieren zu gehen.“
Das Fasten hat mittlerweile auch außerhalb der religiösen Praxis an Bedeutung gewonnen, besonders im Kontext von Gesundheit, Diäten und Selbstoptimierung. Eine beliebte Methode ist das Fasten, das sich speziell auf den Verzicht auf Zucker, Alkohol, Zigaretten oder Fleischkonsum konzentriert.
Das intermittierende Fasten, bei dem es Phasen des Verzichts auf Nahrung gibt, ist eine Variante, bei dem für etwa 16 Stunden am Tag nichts gegessen wird und in den verbleibenden acht Stunden gegessen werden darf. Ein weiterer Trend ist das sogenannte Detox-Fasten, bei dem Menschen für eine bestimmte Zeit auf feste Nahrung verzichten und stattdessen nur Säfte oder Brühen konsumieren, um den Körper zu „entgiften“.
Fasten für Klima und Tierwohl für mehr Umweltbewusstsein
Ein neuerer Trend in der Welt des Fastens ist das „Pflanzenbasierte Fasten“. Die Fastenden verzichten für den vorgesehenen Zeitraum auf tierische Produkte. Diese Form verspricht nicht nur körperliche Vorteile, sondern berücksichtigt auch ethische und ökologische Aspekte im Hinblick auf Umwelt und Tierwohl. In diesem Sinne hat sich auch das Klimafasten beliebt gemacht, wobei das Bewusstsein für den Umgang mit den Ressourcen unseres Planeten geschärft werden soll. Dabei nehmen die Fastenden konkrete Verhaltensänderungen vor, die den CO2-Ausstoß verringern und damit zum Schutz des Klimas beitragen. Ein praktisches Beispiel für Klimafasten ist der Verzicht auf flugbedingte Reisen oder das Einhalten eines energieeffizienten Lebensstils, indem weniger Strom verbraucht wird. Auch der Verzicht auf Auto fahren, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder das Fahrradfahren gehören zu den Maßnahmen, die während eines Klimafastens praktiziert werden können.
Neben den körperlichen Formen des Fastens gibt es auch das Konzept des „geistigen Fastens“. Hierbei geht es nicht um den Verzicht auf Nahrung, sondern um den bewussten Verzicht auf digitale Medien, insbesondere soziale Netzwerke und Smartphones. Ähnlich wie beim traditionellen Fasten geht es darum, den Geist von der ständigen Reizüberflutung und den Ablenkungen der digitalen Welt zu befreien und die eigene Beziehung zur Technologie zu reflektieren. Viele Menschen praktizieren dies, um mehr innere Ruhe zu finden, ihre Achtsamkeit zu schärfen oder einfach weniger Zeit mit Smartphones und Computern zu verbringen.
Der Unterschied zu religiösen Fastenpraktiken liegt jedoch oft in der Motivation. Während das christliche Fasten vorrangig spirituelle Ziele verfolgt, sind moderne Fastenmethoden oft auf körperliche oder mentale Verbesserung ausgerichtet: Der Verzicht dient jedoch der Fokussierung auf das Wesentliche, sei es im Glauben oder in der Selbstoptimierung. „Ich halte jede Fastenform für gut, die Menschen dazu bringt, ihr Verhalten zu überprüfen, und mal eine Zeit lang auf Dinge zu verzichten, die man sonst für unerlässlich hält“, so Pfarrer Frank Beyer. Einige der Gemeindemitglieder verzichten in der Fastenzeit auf das Handy. „Auch wenn man den Konsum nur zeitweise einschränkt, spürt man schnell, in welchem Abhängigkeitsverhältnis man steht.“ Martina Köster-Schneider ergänzt: „Man meint schnell, man könnte etwas verpassen. Beim Fasten geht es eigentlich um ein Mehr, das man durch den Verzicht gewinnt.“