Analyse: Zwei Schwergewichte und Andrea Nahles

Ausgerechnet die „Königsmörderin“ von Müntefering wird nun Stellvertreterin von SPD-Chef Beck.

Berlin. Was wurde über sie geschimpft, damals, in den Tagen nach dem 31. Oktober 2005. Eine Königsmörderin sei sie, hieß es, eine Karrieristin, die für den eigenen Aufstieg in der Partei sogar den mächtigen Vorsitzenden über die Klinge springen lässt.

Dabei war es gar nicht unbedingt böse Absicht, eher eine gewisse Naivität, als Nahles für das Amt der SPD-Generalsekretärin kandidierte und tatsächlich vom Parteivorstand nominiert wurde - gegen den ausdrücklichen Willen von Parteichef Franz Müntefering, der seinen Vertrauten Kajo Wasserhövel ins Amt hieven wollte. "Münte" blieb gar nichts anderes übrig, als seinen Rücktritt zu erklären und die SPD rat- und führungslos zurückzulassen.

Nahles zeigte sich damals geschockt ob dieser Entwicklung, ihr Entsetzen war ganz offensichtlich nicht gespielt. Tatsächlich verzichtete sie dann auch darauf, Generalsekretärin zu werden. Auch das Amt der Vize-Parteichefin lehnte sie damals ab. Die Angst, auf dem Parteitag einen empfindlichen Dämpfer zu bekommen, war riesengroß.

Inzwischen ist alles vergeben und vergessen. Nur noch drei stellvertretende Vorsitzende soll es künftig in der SPD geben. Neben den Bundesministern Frank-Walter Steinmeier, in dem viele einen Ersatz-Kanzlerkandidaten sehen, und dem bärbeißigen Peer Steinbrück wird Nahles in die Vize-Riege aufsteigen.

Die Rolle der 36-jährigen ehemaligen Juso-Vorsitzenden ist klar umrissen: Sie wird Vorzeige-Linke, Vorzeige-Frau und Vorzeige-Junge sein, in genau dieser Reihenfolge. Mit ihrer flinken Zunge wird sie Freund und Feind nerven und zugleich vorantreiben. Als Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bürgerversicherung hat sie bewiesen, dass sie sich in die Tiefen eines Themas stürzen kann. Kärrnerarbeit nennt man das; sie verleiht einem den in der SPD so wichtigen Stallgeruch.

Frank-Walter Steinmeier (links): Eine Blitzkarriere macht der Außenminister nun auch in der SPD. Bislang gehörte der 51-Jährige keinem SPD-Führungszirkel als gewählter Vertreter an. Die Marktplätze mit mitreißenden Reden zu erobern, wird dem Juristen noch nicht zugetraut.

Andrea Nahles: Für die Parteilinke ist der Sprung in die engste SPD-Spitze ein Comeback, das viele zumindest in diesem Tempo bis vor kurzem nicht für möglich gehalten haben. Sie gilt als enge Vertraute von Parteichef Kurt Beck.

Peer Steinbrück Als einziger aus der bisherigen SPD-Fünfer-Riege war der 61-Jährige für die erneute Nominierung fest gesetzt. Ein Ausscheiden aus der Vize-Riege hätte auch seiner Reputation als Finanzminister geschadet.